Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

176 Bömers, Das Staatsrecht des Fürstenthums Schaumburg-Lippe. 89. 
beim Amtsgericht Bückeburg beauftragt. Dem Landgerichte liegt die Revision der Vor— 
mundschaftstabellen ob. Die Ablösungssachen und die Entschädigungssachen wegen aufge— 
hobener lehnsherrlicher Rechte sind von den Untergerichten auf die Verwaltungsbehörden 
übertragen. Die Vergleichsbehörde bei Beleidigungen ist der Vorsteher des Be— 
zirks, in dem die Parteien wohnen. 
§ 9. Kirche und Schule. Die Grafen von Schaumburg bekannten sich in der 
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Augsburgischen Confession und führten die 
cvangelisch-lutherische Religionsübung in ihrem Lande ein. Als mit der Regierungsver- 
änderung im Jahre 1640 eine der reformirten Religion zugethane Landesherrschaft in den 
Besitz von Schaumburg-Lippe kam, blieb trotz der veränderten Religionsverhältnisse zwischen 
Herrn und Land die lutherische Religion die Landesreligion, überall blieben lutherische 
Prediger und auch die Landesherrschaft besetzte die von ihr zu vergebenden Predigerstellen 
mit Lutheranern. Nur wurde einmal ein Versuch gemacht, ein vermischtes Consistorium 
herzustellen und saß eine kurze Zeit hindurch der reformirte Hofprediger mit dem lutherischen 
Superintendenten im Consistorium. Mittelst Landesherrlicher Resolution vom 8. Jan. 1759 
wurde festgesetzt, daß alle Angelegenheiten der Reformirten in Kirchen-, Schul= und Ehe- 
sachen bei der Regierung verhandelt werden sollten. Die episcopale Gewalt steht der 
Landesherrschaft auch über die lutherischen Confessions-Verwandten rechtlich zu, weil sie 
schon zur Zeit des Westfälischen Friedens dem reformirten Glaubensbekenntnisse zugethan 
war und der Art. 7.8 1. 2. bzw. Art. 13. § 8 des Westfälischen Friedens hier nicht 
zutrifft. Hierüber ist eine richterliche Entscheidung im Jahre 1792 bei dem Reichskammer- 
gerichte herbeigeführt. Das Consistorium ist Verwaltungsbehörde in geistlichen 
Angelegenheiten, dasselbe ordnet die Errichtung der Parochien, die Besetzung der Pfarr- 
stellen, vorbehältlich der Höchsten Genehmigung, sowie die Examination und Ordination 
der Candidaten, leitet die gesammte kirchliche Armenpflege der Lutheraner, beaussichtigt 
die Vermögensverwaltung der Pfarrgemeinden, die Prediger= und Schullehrer= Wittwen- 
und Waisenkasse, sowie die frommen Stiftungen und handhabt die Disciplin über die 
lutherischen Kirchendiener. Von dem Consistorium dependiren vier Kirchencommissionen, 
welche die Kirchenvisitationen vorzunehmen haben. Die Regierung als Oberschulbehörde 
bedient sich des Beiraths des Landessuperintendenten, wenn es sich um das Interesse der 
lutherischen Kirche handelt, auch hat der Landessuperintendent den Religionsunterricht am 
Gymnasium zu beaufsichtigen. Die Verwaltungsbehörde in den geistlichen Angelegenheiten 
der Reformirten ist die Regierung. Die Reformirten gehören zu dem Synodalver- 
bande der Niedersächsischen Conföderation. Die Katholiken stehen unter dem Apo- 
stolischen Provicariate der nordischen Mission für Deutschland und Dänemark, welches zur 
Zeit der Bischof von Osnabrück verwaltet.
	        
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