Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

Erster Abschnitt. 
— 
Einleitung. 
Quellen: Die lipp. Gesetzsammlung in 18 Bdn. von 1571—1882. — Für das Geschichtliche: 
räeegesten in 4 Bdn. von Preuß und Falkmann. — Beitr. zur lipp. Gesch. in 4 Bdn. von 
alkmann. 
8 1. Staatsgebiet. Geschichtliches. Das Fürstenthum Lippe mit einem Areal 
von 122 001 ha oder 22,16 Quadratmeilen und einer verhältnißmäßig dichten Bevöl- 
kerung von 120 246 Einw., darunter 115 546 Evangelische, 3628 Katholiken, 1030 Juden 
(33 Sektirer), bildet ein fast ganz vom preußischen Regierungsbezirk Minden eingeschlossenes 
Gebiet mit zwei kleinen Enklaven, von welchen das Amt Lipperode mit dem Stifte Cap- 
pel den Rest der alten Stammbesitzungen des Hauses Lippe bildet. Lippstadt, die älteste 
Stadt des Landes, seit 1445 unter Samtherrschaft mit Cleve, demnächst Preußen, ist im 
J. 1851, mit Vorbehalt der Domanialbesitzungen und Berechtigung am dortigen Damen- 
stifte, gegen eine Geldrente an Preußen abgetreten worden. Im übrigen hat das Land 
7 Städte, 4 Flecken und 154 Dorsschaften. Detmold ist Residenz und Sitz der Re- 
gierung, schon seit der Reformationszeit, nur mit einer Unterbrechung von 25 Jahren, wo 
die Residenz nach Brake verlegt war. Die Städte des Landes haben bis jetzt besondere 
kommunale Verwaltungsbezirke mit eigner Polizei und (bis 1879) Patrimonialjustiz ge- 
bildet, während das übrige Land in 13 „Aemter“ unter landesherrlicher Verwaltung und 
Justiz getheilt war und seit 1879 in 5 Verwaltungsämter eingetheilt ist. Die früher 
eine besondere Klasse bildenden, hinsichtlich der Steuern, Verwaltung, Justiz, vielfach pri- 
vilegirten Rittergüter sind im Laufe der neueren Zeit dem übrigen Grundbesitz 
gleichgestellt — abgesehen von der Vertretung im Amtsgemeinderathe — und existiren als 
Rittergüter, nicht mehr. 
Lippe war im Mittelalter eine reichsunmittelbare Herrschaft, seit etwa 1530 Grasschaft, 
seit 1789 durch kaiserliche Verleihung der Reichsfürstenwürde an die regierende Linie des Hauses 
ein Fürstenthum. Es gehörte zur Zeit des Deutschen Reichs zum westfälischen Kreise, führte auf 
dem Kreistage eine Virilstimme, nahm auf den Reichstagen an der Kuriatstimme der westfälischen 
Grafenbank theil und hat seit dem Untergange des Reichs die weiteren geschichtlichen Phasen Deutsch- 
lands mit durchgemacht. Im Jahre 1807 trat Lippe dem Rheinbunde bei, 1815 dem Deutschen 
Bunde, 1849 dem sg. Dreikönigsbündnisse und hat seit 1867 zum Norddeutschen Bunde resp. dem 
Deutschen Reiche gehört. 
Das Land hat mit dem jetzigen Fürstenthum Schaumburg-Lippe niemals in staatsrecht- 
licher Verbindung gestanden. Die landläufige Bezeichnung „Lippe-Detmold“ im Gegensatz gegen 
ein „Lippe-Bückeburg“ beruht auf Irrtum. Die beiden Länder sind nicht etwa (wie die an- 
haltischen, schwarzburgischen, sächsischen Gebiete) durch Landestheilung entstanden, sondern immer 
selbstständige Gebiete gewesen. Nach Aussterben der Grafen von Schaumburg 1640 erwarb ein 
lippischer Graf einen Theil von Schaumburg und nannte denselben Schaumburg-Lippe im Gegen- 
satz gegen das hessische Schaumburg. Dieser Graf, Stifter der Nebenlinie Alverdissen, und seine 
Descendenten behielten übrigens ihre agnatischen und Paragialrechte in der Grafschaft Lippe bei. 
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