Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

184 Falkmann, Das Staatsrecht des Fürstenthums Lippe. § 6. 7. 8. 
gehört seit 1868 auch das Lehnwesen. Die Lehngüter sind seit 1847, jedoch nur auf Antrag des 
Vasallen und ohne Zustimmung der Agnaten, gegen Entschädigung von 4 p. c. des Werthes bei 
Erbmannlehn, 2 p. c. bei anderen Lehn, der Alodifikation unterworfen, jetzt auch die vormals 
landtagsfähigen Rittergüter. 
§. 6. Die Justizbehörden. Die Justizpflege wurde bis 1879 in erster Instanz 
von den Beamten der 13 Aemter, den Patrimonialgerichten der Städte und des erbherr- 
lichen Amts Blomberg, in den höheren Instanzen von zwei Obergerichten für Civilsachen, 
einem Kriminalgerichte und dem Oberappellationsgerichte zu Celle ausgeübt. 
Jetzt bestehen 14 Amtsgerichte an 9 Amtssitzen — für die Enclave Lipperode- 
Cappel das preußische A.G. Lippstadt —. Ferner ein Landgericht zu Detmold mit sieben 
Richtern, einem Staatsanwalt mit Gehülfen, und das preußische Oberlandesgericht zu 
Celle, sowie 11 Anwälte, davon 10 in Detmold. Zu der freiwilligen Gerichtsbarkeit ge- 
hört jetzt nach Errichtung einer neuen Grundbuchordnung vom 27. Juli 1882 — der 
preußischen Gesetzgebung entsprechend — auch die den Amtsrichtern übertragene Führung 
der Grundbücher. In Detmold besteht eine Landesstrafanstalt. Zuchthausstrafen werden 
nach Vereinbarung mit Preußen (1870) in preußischen Anstalten, Festungsstrafen in Wesel 
vollzogen. 
Im lippischen Lande gilt „gemeines Recht“ neben einem besonders durch die neuere 
Gesetzgebung stark entwickelten Partikularrechte. Auf letzterem Gebiete sind von besonderer 
praktischer Wichtigkeit die Gesetze über eheliche Gütergemeinschaft von 1786, über kolo- 
natsrechtliche und überhaupt landwirthschaftliche Verhältnisse. Für Bauerngüter oder 
„Kolonate“ besteht Untheilbarkeit und Anerberecht. 
§ 7. Rechtsverhältnisse der Staatsdiener. Die Rechtsverhältnisse der Staatsdiener 
(mit Ausschluß der kirchlichen, Hof= und Kommunalbeamten), deren Anstellung, Rechte 
und Pflichten, Pensionirung, Disciplin 2c. sind durch Gesetz vom 11. Mai 1859 geordnet. 
Durch das Dienstpatent werden alle Aemter außer den subalternen, welche keiner wissen- 
schaftlichen Vorbereitung bedürfen, auf Lebenszeit verliehen, jedoch können alle Beamten, 
mit Ausnahme von Richtern, auf Stellen von gleichem Rang und Gehalt versetzt, und 
bei andauernder Krankheit oder, wenn die Stelle eingeht, mit Beibehaltung von des 
Gehalts zur Disposition gestellt werden. Pensionirung kann ein Beamter verlangen nach 
40 Dienstjahren, nach dem 70. Lebensjahre und wenn er durch Krankheit dienstunfähig 
geworden. Die Pension richtet sich nach dem Dienstalter, für Wittwen und unversorgte 
Kinder ist sie durch besonderes Gesetz vom 12. Sept. 1877 geregelt. Für geringere Dienst- 
vergehen ist ein Disciplinarverfahren vorgeschrieben, auf Amtsentsetzung dagegen kann 
nur im gerichtlichen, speciell normirten Verfahren erkannt werden. Schon seit 1807 
stand es fest, daß alle definitiv angestellten Beamten, nicht blos der Justiz, sondern auch 
der Verwaltung, sowie die Schullehrer nicht anders als durch Richterspruch — jetzt Land- 
und Oberlandesgericht — entlassen werden können. 
§ 8. Kirche und Schule. Nachdem die Reformation sich im Lande Bahn gebrochen 
hatte, wurde im Jahre 1538 die erste, 1571 die zweite lutherische Kirchenordnung erlassen 
und die eingeführte Konsistorialverfassung bis 1600 weiter entwickelt. Als aber das Lu- 
therthum sich kaum befestigt hatte, führte Graf Simon VI. aus eigenem Antriebe in den 
ersten Jahren des 17. Jahrh. die kalvinische oder reformirte Lehre ein, welche außer der 
Hauptstadt Lemgo keinen erheblichen Widerstand im Lande fand. Seitdem ist die refor- 
mirte Kirche die herrschende im Lande geblieben und hat in der Kirchenordnung von 1684 
ihr Grundgesetz erhalten. Erst im J. 1854 ist eine Gleichstellung der drei christlichen 
Konfessionen erfolgt, und der bis dahin zu Gunsten der reformirten Kirche bestehende 
Pfarrzwang aufgehoben worden. Zugleich wurden die Katholiken der Diöcese Paderborn 
einverleibt, und die Episkopalrechte, die Besetzung von Pfarren und Schulen, mit Vorbe-
	        
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