10 Büsing, Das Staatsrecht der Großherzogthümer Mecklenburg. 83.
aussetzung nur dann versagt werden soll, wenn Gründe aus der Person des Aufzuneh—
menden entgegenstehen.
Zweiter Abschnitt.
Das landesherrliche Haus.
8 3. Das Hausrecht des landesherrlichen Hauses!) beruht zum Theil auf gemeinem
Rechte, zum Theil auf Observanzen und Hausverträgen, welche letzteren, wie insbesondere
der Hamburger Vergleich von 1701 und der Erläuterungsvertrag von 1755, aus der
dem landesherrlichen Hause zustehenden autonomischen Gesetzgebung hervorgegangen sind?).
Daneben kommt für Mecklenburg-Schwerin das ebenfalls autonomische Haus-
gesetz vom 23. Juni 1821 ) in Anwendung, welchem die agnatischen Mitglieder der
strelitzer Linie für den eventuellen Successionsfall durch Accessionsacten vom 12. September
bez. 16. Oktober 1821 beigetreten sind.
In Bezug auf die Thronfolgeordnung ) ist, während in früherer Zeit das
Stuccessionsrecht im fürstlichen Hause nach den Grundsätzen der Erbfolge zur gesammten
Hand verstammte, durch den Hamburger Vergleich in beiden Ländern die Individual-
Succession nach dem Rechte der Linearerbfolge und der Primogenitur eingeführt und das
gegenseitige Successionsrecht beider Linien auf den ledigen Anfall beschränkt. Damit ist
die gegenwärtig bestehende Landestheilung zu einer definitiven geworden, gleichzeitig aber
die Möglichkeit weiterer Landestheilungen abgeschnitten.
Successionsberechtigt ist der ebenbürtige Mannsstamm, doch wird nach dem schweriner
Hausgesetze das Recht auf die Thronfolge durch eine ohne Zustimmung des regierenden
Großherzogs erfolgte Vermählung verloren.
Im Falle der Minderjährigkeit )) des zur Regierung berufenen Thronfolgers
tritt eine gesetzliche Vormundschaft des nächsten Agnaten ein, welche ein Recht dieses Ag-
naten auf die Vormundschaft in der Art involvirt, daß ihm dasselbe ohne seinen Verzicht
nicht einmal durch testamentarische Verfügung des verstorbenen Landesherrn entzogen werden
kann. Die Tutel soll weder fructuaria noch damnosa sein. Ist die Mutter des Curanden
noch am Leben, so hat sie das Recht, einen Vormundschaftsrath im Conseil zu haben 5.
1) Balck, Finanzverhältnisse in Mecklenburg-Schwerin I, II, 1877, 1878.
2) Landrecht I, S. 356 f.
3) Raabe IV, S. 558.
4) Hagemeister § 16.
5) Hagemeister | 17.
6) Erläuterungsvertrag von 1755 § 21 f. Ueber das Recht des nächsten Agnaten auf die
Kuratel und speciell über die Frage, welche Bedeutung der im Erläuterungsvertrage § 21 gebrauchte
Ausdruck habe, daß es in regula bei der tuteln legitima agnatorum bleibe, findet sich weiteres
Material bei Hagemeister a. a. O. Note 2. Bestätigt wird die hier in Uebereinstimmung mit
Hagemeister vertretene Ansicht durch den Wortlaut der §§ 1 und 2 des schweriner Hausgesetzes.
Nach § 1 soll es in Ansehung der Vormundschaft bei den Bestimmungen der älteren Hausgesetze