Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

15. Die bestehende Verfassung. 2. Organisation der Stände. 37 
Die Verwaltung der Klöster liegt, abgesehen von der Konkurrenz der Land- 
schaft, ausschließlich in den Händen des dem eingeborenen und rezipirten Adel angehörigen 
Theiles der Ritterschaft. Die bürgerlichen und nicht rezipirten adeligen Mitglieder sind 
von allen auf die Klöster Bezug habenden Verhandlungen und Abstimmungen, sowie von 
der Theilnahme an den Wahlen der Klosterbeamten sowohl aktiv wie passiv ausgeschlossen, 
obwohl alle diese Handlungen verfassungsmäßig nur auf allgemeinen Landtagen vorge- 
nommen werden können. Wählbar zu den Stellen der Klosterbeamten sind ausschließ- 
lich Angehörige des eingeborenen und rezipirten Adels, während aktiv an den Wahlen 
auch die Landschaft theil nimmt ½. 
Ein noch eigenthümlicheres Verhältniß hat sich jedoch in Bezug auf die Nutzungen 
der Klöster entwickelt. Nachdem zunächst dem eingeborenen und rezipirten Adel die 
ausschließliche Fähigkeit, zu den Konventsstellen zu gelangen, beigelegt war, hat sich 
aus dieser Fähigkeit später ein Recht der Familien des eingeborenen und rezipirten Adels 
auf die Klosterstellen in der Art gebildet, daß durch Einschreibung in ein Exspektantien- 
buch durch die Provisoren der Anspruch auf die frei werdenden Konventsstellen nach der 
Priorität der Einschreibung begründet wird). Da aber weiter das Recht auf die Kon- 
ventsstellen nicht nach Gütern, sondern nach Familien zusteht ?), so kommen die Kloster- 
stellen auch solchen Familien des eingeborenen und rezipirten Adels zu gute, welche mit 
Rittergütern nicht mehr ansässig und daher zur Ritterschaft nicht zu rechnen sind . 
Dieser thatsächlich bestehende Zustand ist ein unbestrittener nie gewesen ?). Die 
historisch jedenfalls richtige Ansicht, daß die Verwaltung der Klöster und die Disposition 
über die Nutzungen derselben unter Beobachtung des reversalmäßigen Zweckes den Ständen 
als politischen Korporationen überwiesen seien, eine ausschließliche Berechtigung auf die 
Konventsstellen aber überhaupt Niemandem zustehe, ist abgesehen von dem vorübergehenden 
Einschreiten der Landesherrschaft am Ende des vorigen Jahrhunderts namentlich in den 
Jahren 1838—1845 von den an den Nutzungen nicht theilnehmenden Mitgliedern der 
Ritterschaft vertreten worden, jedoch ohne Erfolg. Die Versuche der nicht zum einge- 
borenen und rezipirten Adel gehörigen Ritterschaft, die Theilnahme an den Klosterwahlen 
zu erzwingen, sind daran gescheitert, daß ihre Stimmzettel vom Direktorium einfach zu- 
rückgewiesen wurden). Die Landesherrschaft aber begnügt sich seit 1809 mit einem bloßen 
Oberaufsichtsrechte?). 
1) S. oben S. 35. 
2) Viereck l. S. 216. Bezüglich der städtischen Stellen wird ein solches Exspektanzrecht 
erst erworben durch Ertheilung eines Konzessionsscheines der Magistrate der Vorderstädte, welcher 
auf Grund eines städtischen Konventsbeschlusses und regelmäßig nur für Angehörige der Magistrate 
ausgestellt wird, vgl. Vergleich üwischen den Vorderstädten und den übrigen Städten vom 31. 
März 1789. Viereck, Beil. X VIII. M. [II. S. 103|. Ueber die Theilnahme der Städte stargar- 
dischen Kreises s. Viereck l. S. 165. Ueber die Beschränkung auf Magistratsmitglieder: Land- 
tagsprotokoll vom 30. November 1771. Viereck, Beil. XVIII. L. III. S. 101.) 
3) Konvents-Protokoll v. 16. November 1715. Viereck, Beil. XVIII. G. III. S. 97.] Land- 
tags-Protokoll vom 6. März 1727. Viereck, Beil. XXI. D. TII. S. 135.] · 
4) Das Erforderniß der Zugehörigkeit zur Ritterschaft ist durch Beschluß des eing. und rezip. 
Adels aufgestellt für die Nachkommen der seit 1822 Rezipirten, Viereck, Beil. XVIII. N. III. 
S. 104] und — wiewohl unter Protest — für die Nachkommen der seit 1845 Agnoszirten, s. oben 
S. 36 Note 5, Viereck, Beil. XXI. V. III. S. 160.) 
5) S. die Literatur-Uebersicht bei Viereck I. S. 295. 
6) Vgl. Reskr. an die Erblandmarschälle vom 25. Oktober 1845. Raabe V. 1158. 
7) Entsagungs-Vereinbarung vom 22. April 1809. Viereck, Beil. XXIII. E. (II. S. 168.) 
Die Stellung der Landesherrschaft zur Klosterfrage ist seither eine sehr schwankende gewesen. In 
den Konflikten der Jahre 1838—1845 nahm sie offen für den Adel Partei. (Landesherrl. Er- 
klärungen vom 6. November 1841, 23. November 1843, 24. Oktober 1845. Viereck, Beil. XXl. 
V. W. X. III. S. 158 f.]). Raabe IV. S. 909 ff.) Während sie sich dann 1849 auf den historischen 
Standpunkt stellte und aus der Auflösung der Ritter= und Landschaft als politischer Korporationen 
den Heimfall der Klöster an den Staat folgerte, (wiewohl unter Vorbehalt der Entscheidung über
	        
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