Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

8 16. Die politischen Gewalten. 39 
Einzelpersonen der durch Vertrag verbundenen Landesherrschaft und Stände vertheilt sind 
und von den Berechtigten kraft eigenen, auf patrimonialer Grundlage beruhenden Rechtes 
ausgeübt werden ). Das Landesregiment des Landesherrn beruht historisch im Domanium 
auf dem allodialen Eigenthume des fürstlichen Hauses, im übrigen Lande auf einer lehn- 
baren Gewére am Territorium, welche auf die Ausübung der regalia majora beschränkt war 
und aus welcher sich erst in neuester Zeit eine Art untverseller Landeshoheit zu entwickeln 
begonnen hat. Das Objekt des Landesregimentes ist demnach das Territorium als solches, 
beziehungsweise die Summe der ständischen Grundherrn, welche ihren Grund und Boden 
einschließlich der denselben bewohnenden Hintersassen vertreten. Ein direktes Verhältniß 
des Landesregimentes zu der Gesammtheit der Unterthanen des Landes besteht daher, 
vom strengen Standpunkte des ständischen Prinzipes aus betrachtet, nicht, und sowenig 
das Landesregiment selbst ein politisches Recht ist, so wenig kennt es politische Staats- 
bürgerrechte der Unterthanen als solcher. Vielmehr übt der Landesherr die politischen 
Gewalten als ein ihm zustehendes, in seiner Person sich erschöpfendes, wohlerworbenes 
Recht aus, welches seiner Natur nach ein ausschließliches ist. Eine Theilung der Ge- 
walten ist, wie dem Deutschen Staatsrechte überhaupt, so auch dem Mecklenburgischen 
Rechte unbekannt; selbst die den Seestädten Rostock und Wismar von altersher zustehende 
Autonomie wird gegenwärtig auf Grund landesherrlicher Privilegien geübt), so daß sie 
wenigstens zur Zeit eine Ausnahme von dem aufgestellten Grundsatze nicht mehr enthält, 
und viel weniger noch besteht eine Theilung der Gewalten zwischen dem Landesherrn und 
den Ständen, welche letztere alle ihnen zustehenden Rechte vom Landesherrn selber ab- 
leiten?'). Dagegen ist die Ausübung der politischen Gewalten, der gesetzgebenden 
sowohl wie der vollziehenden, zwischen dem Landesherrn und den Ständen ge- 
theilt, und zwar üben letztere den ihnen zustehenden Antheil kraft eigener auf vertrags- 
mäßiger Grundlage beruhender Rechte aus, so daß nach außen hin der Landesherr voller 
Inhaber der politischen Gewalten auch der Ausübung nach ist, während seine Beschrän- 
kung durch ständische Rechte lediglich ein Internum zwischen ihm und den Ständen bleibt. 
Aus dieser Natur der ständischen Rechte aber folgt weiter, daß die Stände keines- 
wegs politische Vertreter der Einwohner sind. Sie vertreten in erster Linie ihren Grund 
und Boden, in zweiter Linie die Bewohner und Hintersassen desselben, weil sie wegen 
der ihnen zukommenden obrigkeitlichen Stellung auf Grund einer Fiktion als Vertreter 
derselben angesehen werden; weiter aber reicht ihre Vertretung nicht. Und auch soweit 
die Stände danach als Vertreter von Personen in Betracht kommen, hat dieses Vertre- 
tungsverhältniß keinen politischen Charakter. Denn dasselbe gründet sich nicht, wie das 
politische Repräsentationsverhältniß im modernen Staate, auf ein Mandat der Vertretenen, 
welches den Mandatar seinen Auftraggebern gegenüber wenigstens politisch verantwortlich 
macht, sondern auf ein eigenes Recht des Vertreters, welchem nicht einmal politische 
Pflichten gegenüber den Vertretenen korrespondiren. 
Dieses Verhältniß soll sich nach der Ansicht Böhlau's (Fiscus S. 115) seit dem Konvo- 
kationstage von 1808 geändert haben. Durch die hier zum ersten Male erfolgte Besteuerung der 
Unterthanen als solcher auf Grund einer „unbestrittenen Real= und Personal-Steuerpflicht ge- 
sammter Unterthauen“ sei das ständische Prinzip durchbrochen, und indem die Landesherrschaft 
zu der Ausübung dieses Besteuerungsrechtes die Einwilligung der Stände eingeholt habe, seien die 
Stände zu einer staatlichen, zu einer Vertretung der Landeseinwohner geworden. Daß dies keine 
Fiktion sei, folgert er daraus, daß die Stände den Unterthanen — nicht sich selbst — für gewisse 
Fälle ein Steuerverweigerungsrecht vorbehalten haben. Allein dies würde nur dann richtig sein, 
1) Landrecht III. S. 2. 
2) Landrecht I. S. 362. 
3) Das. I. S. 306 vgl. mit S. 2866. Hagemeister S. 119. Resolut. ad Grav. de 16. Juli 
1701. 9 Class. 6 addit. L.G.G.GE.V. § 423 vgl. mit § 419. v. Nettelbladt, Rechtssprüche des 
O. A. G. zu Parchim IV. S. 150 ff., ogl. noch Wiener Schluß-Akte vom 15. Mai 1820. Art. LVII. 
 
	        
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