52 Büsing, Das Staatsrecht der Großherzogthümer Mecklenburg. 8 23.
aber von spezieller Bewilligung der Stände abhängig gemacht waren. Hinzu kamen
allenfalls die zum Zwecke der Schuldentilgungen bewilligten außerordentlichen Kontributio—
nen, welche jedoch von den Ständen selbst in einer ständischen Kasse, dem Landkasten,
unter Leitung des Engeren Ausschusses ohne landesherrliche Kontrole gesammelt und ver-
waltet wurden. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts schien sich der Landesherrschaft
Gelegenheit für die Ausbildung eines eigentlichen Besteuerungsrechtes zu bieten, als durch
den Jüngsten Reichs-Abschied von 1654 und einige ihm folgende Reichsgesetze
eine Reihe von Steuern, welche bis dahin von Reichs wegen zur Erhaltung des Reichs-
kammergerichtes (Kammerzieler) und zu Garnisons-, Fortifikations-, Landes-Defensions-
und Legations-Kosten erhoben waren, den Reichsständen zur selbstständigen Erhebung
in ihren Territorien zugewiesen wurden:!). Allein der Versuch der Landesherrschaft, dieses
s. g. jus collectandi zu einem durchgreifenden Besteuerungsrechte umzugestalten, scheiterte
an dem Widerstande der Stände, und der L.G.G.GE.V. von 1755, welcher die lang dauern-
den Kämpfe zwischen Landesherrschaft und Ständen auch nach dieser Richtung hin zum
Abschlusse brachte und zum ersten Male ein erschöpfendes Finanz-System aufstellte, beruht
vollständig auf dem ständischen Prinzip der persönlichen Verpflichtung des Landesherrn,
die Kosten des Landesregiments aus den Einkünften der Herrschaft und des Domaniums
zu bestreiten. Die Herrschaftseinnahmen aber bestanden zunächst in den Erträgnissen der
gesammten landesherrlichen Verwaltung, und weiter in den aversionellen Beiträgen der
Stände. Diese Beiträge erhielten durch den L.G.G.E.V. 2) die Form einer regelmäßigen
jährlichen Kontribution an die landesherrlichen Centralkassen beider Landestheile "),
welche ihrem Betrage nach derart bemessen wurde, daß sie, zusammen mit den Domanial=
und Verwaltungs-Einnahmen, zur Bestreitung der gesammten Kosten des Landesregimentes
genügten und daher die Beden und Schuldentilgungen sowohl, wie das jus collectandi
absorbirten. Nur die alte Prinzessinnensteuer wurde bei Bestand gelassen (s. oben S. 12)
und von selbst verstand es sich, daß die den Landesherrun überhaupt nicht zu gute kommen=
den Reichs= und Kreisstenern durch den L.G.G.E.V. unberührt blieben "). Für diese ließ
man auch das alte Terzsystem bei Bestand, während es für die ordentliche Kontribution
aufgegeben und durch einen für beide Stände fest normirten Erhebungs-Modus ersetzt
wurde. Die ordentliche Kontribution?) wurde alljährlich von den Ständen ausdrücklich
bewilligt und in einem Kontributions-Edikte verkündigt. Sie wurde in der Ritterschaft
nach dem Husen-Modus erhoben, in der Art, daß von jeder kontribuablen (d. i.
Bauern-) Hufe ein feststehender Betrag zu zahlen war. Im Wege der Fiktion wurde an-
genommen, daß die Hälfte aller ritterschaftlichen Hufen kontribnables Bauernland sei,
während die andere Hälfte als immunes Hofland steuerfrei blieb (s. oben S. 21, 22).
Die in der Ritterschaft wohnenden, aber nicht ansäßigen Personen wurden nach einem
aufgestellten Neben-Modus mit einer Personalsteuer belegt. In den Städten wurden
die Häuser und die städtische Feldmark nach feststehenden Sätzen zu einer Haus= und
Ländereisteuer herangezogen und daneben Personal= und Konsumtions-Steun-
ern (Vieh-, Schlacht-, Mahl-, Handels= und Erwerbs-Steuer) erhoben. Die Landesherren
selbst endlich, als Empfänger der Kontribution, konnten, abgesehen von den Inkameraten,
zu derselben nichts beitragen; doch verpflichteten sie sich, auch im Domanium Abgaben
für allgemeine Zwecke zu erheben, und zwar mindestens nach den von der Ritterschaft
gezahlten Sätzen ). Dieselben wurden nach einem Domanial-Hufen= und Neben-
1) Fiscus S. 83 ff.
2) L.G.G.GE.V. Art. I. (§ 1—100.)
3) Erläuterungsvertrag von 1755. § 14.
4) L.G.G.E.V. Art. II. (§ 101—120.)
Balck II. § 147—158.
L. G. G. E. V. 8 69.
— — — —
5
6