8 23. 24. Das Landesregiment. III. Finanzwesen. IV. Aemterwesen. 61
welches in allen wesentlichen Punkten der schweriner Steuer-Vereinbarung konform ist.
Ausdrücklich wurde dabei anerkannt, daß, wenngleich diese Vereinbarung mehrere durch
die augenblicklichen Verhältnisse in beiden Landestheilen bedingte Abweichungen von der
schweriner Vereinbarung enthalte, doch im Uebrigen es bei der verfassungsmäßigen Gleich-
heit der Gesetzgebung in beiden Landestheilen, und insbesondere im gesammten Kontri-
butionswesen und bei dem § 140 L.G.G. E.V., allen Inhaltes sein Bewenden behalte.
Auch über den Einfluß der Schwankungen der Matrikularbeiträge auf die Höhe des aus
der Central-Steuer-Kasse an die Rentei zu zahlenden Rente, welche, so lange die Matri-
kularbeiträge für Mecklenburg-Strelitz exl. Ratzeburg zwischen 195 000 M. und 234000 M.
sich bewegen, 45 000 M. beträgt, ist durch das Malchiner Abkommen 1873 eine entspre-
chende Vereinbarung erzielt. Wenn die Matrikularbeiträge unter die Summe von 195000 M.
hinabgehen, so kommt das jedesmalige Minus bis zur Höhe von 45 000 M. der Central=
Steuer-Kasse zu gute; steigen sie über 234 000 M., so wird das Plus zu drei Viertheilen
von der Central-Steuer-Kasse, zu einem Viertheile von der Landesherrschaft getragen. Die
durch die Reform der Justiz-Organisation und die Ueberweisung der
Reichs-Steuern, Zölle und Stempelabgaben erforderlich gewordenen
Modifikationen endlich sind durchgehends in Mecklenburg-Strelitz in dem gleichen Sinne
wie in Mecklenburg-Schwerin erfolgt.
Für beide Großherzogthümer bedarf es endlich der kurzen Berührung
eines bisher übergangenen Punktes, nemlich des Verbleibes der auf die Großherzogthümer
entfallenden Antheile an der französischen Kriegskosten-Entschädigung ##.
Die Zahlung derselben erfolgte zunächst an die landesherrlichen Centralkassen, Renterei
bez. Rentei, und es muß anerkannt werden, daß ein Rechtsgrund, wegen dessen man die
dem ständischen Prinzip entsprechende ausschließliche Berechtigung der Landesherren auf
diese Summen bezweifeln könnte, nicht besteht. Allein die Landesherren selbst haben sich
1873 bereit erklärt, über die Verwendung der Kriegsentschädigung mit den Ständen eine
„Verständigung“ zu suchen und damit die gegenwärtig noch bestehende Verwaltung der-
selben durch die Renterei bez. Rentei als ein Provisorium anerkannt, welchem eine defini-
tive Entscheidung über die Verwendung der Entschädigung erst folgen soll. Eine solche
Verständigung über die gesammten Summen ist einstweilen noch nicht erforderlich ge-
worden, für diejenigen Verwendungen, welche bisher aus denselben gemacht sind, ist jedes-
mal die Zustimmung der Stände eingeholt worden. Ein Theil der Kriegskosten endlich
ist in beiden Großherzogthümern als ein selbstständiger Fonds konstituirt worden, welcher
den Namen Kirchenfonds führt und zur Abfindung der Geistlichen wegen des Weg-
falls der Stolgebühren bestimmt ist. Er wird in Mecklenburg-Schwerin von der Schulden-
tilgungs-Kasse verwaltet, und ist, außer mit einem Theile der Kriegsentschädigung, mit
Schuldverschreibungen der Schuldentilgungs-Kasse von erheblichem Betrage dotirt; in
Mecklenburg-Strelitz ist die Verwaltung der Administration des Gesammt-Aerars der
Kirchen landesherrlichen Patronates unter Aufsicht des Konsistoriums übertragen?.
§. 24. IV. Aemterwesen. Sowenig es in Mecklenburg einen einheitlichen Staats-
begriff gibt, so wenig kann es Staatsbeamte im eigentlichen Sinne geben. Die in öffent-
lichen Diensten stehenden Personen sind vielmehr je nach der Verschiedenheit ihrer Kon-
stituenten landesherrliche oder ständische Beamte. Indeß finden, soweit
nicht besondere Gründe oder ausdrückliche Bestimmungen entgegen stehen, die gemein-
rechtlich für den s.g. Staatsdiener-Vertrag geltenden Normen entsprechende Anwendung ?).
1) Balck II. § 207. Fiscus S. 168 ff. Landrecht III. S. 33, berichtigt das. S. 50.
2) Schw. St. K. J. S. 45. Str. H. St. B. II. S. 75.
» 3) Die Bezeichnung Beamte kommt sowohl für landesherrliche als für ständische Angestellte
vor. Erstere werden daneben als landesherrliche Diener, letztere technisch als Landesbediente be—