64 Büsing, Das Staatsrecht der Großherzogthümer Mecklenburg. 8 25.
Für die Handlungen ständischer Angestellter haftet der Konstituent nach gemeinrecht—
lichen Grundsätzen. Der Landesherr dagegen haftet zwar für ordnungsmäßige Ausübung
seines Oberaufsichtsrechtes, weiter aber reicht seine Haftungspflicht nicht 7.
§ 25. V. Die Kirchengewalt:). Die evangelisch-lutherische Kirche ist
in beiden Großherzogthümern die ausschließlich berechtigte Landeskirche, da die
übrigen christlichen Konfessionen im Normaljahre 1624 einen Besitzstand in Mecklenburg
nicht hatten, eine generelle Zulassung derselben durch einen Akt der Landesgesetzgebung
aber über die Duldung der devotio domestica ohne Zuziehung eines Geistlichen hin-
aus nicht erfolgt ist. Nur auf Grund widerruflicher landesherrlicher Konzession bestehen
in Mecklenburg-Schwerin katholiche Gemeinden in Schwerin und in Ludwigslust, sowie
eine reformirte Gemeinde in Bützow. Außerdem ist während des Pfingstmarktes in Rostock
und alljährlich einmal in Bützow die Abhaltung öffentlichen katholischen Gottesdienstes
gestattet. In Mecklenburg-Strelitz bestehen katholische und reformirte Gemeinden in Neu-
strelitz, sowie eine reformirte Gemeinde in Neubrandenburg.
Die Juden endlich, welche bis zur Freizügigkeits-Gesetzgebung des Norddeutschen
Bundes in beiden Landestheilen nur als Schutzjuden, in den Seestädten Rostock und
Wismar aber gar nicht geduldet wurden, sind in Bezug auf die Ausübung ihres Gottes-
dienstes gleichfalls ausschließlich auf die ihnen von den Landesherren freiwillig einge-
räumten Befugnisse beschränkt).
Die Eingehung gemischter Ehen zwischen Angehörigen der Landeskirche und Nicht-
Christen ist vom kirchlichen Standpunkte aus verboten; zwischen Evangelisch-Lutherischen und
Katholiken ist sie mit der Maßgabe gestattet?), daß die daraus entsprossenen Kinder männlichen
Geschlechts in der Religion des Vaters und die Kinder weiblichen Geschlechts in der
Religion der Mutter erzogen werden sollen, wenn nicht erweislich vor Schlie ung
der Ehe besondere Verträge darüber von den Brautleuten selbst abgeschlossen worden sind.
Die Alleinberechtigung der lutherischen Kirche ist den Ständen gegenüber durch die
Assekurations-Reverse vom 4. Juli 1572 und vom 23. Februar 1621 landesgrundgesetzlich
garantirt; sie ist weder durch den Eintritt Mecklenburgs in den Rheinbund, noch durch
Artikel 16 der Deutschen Bundes-Akte, noch durch das Reichsgesetz vom 3. Juli 1869,
betr. die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Be-
ziehung, beseitigt.
Durch die Rheinbunds-Akte übernahmen die Einzelstaaten nur staatsrechtliche Verpflichtungen
gegenüber ihren Kompaziszenten, Rechte der Unterthanen wurden dadurch nicht begründet; vgl.
Buchka und Budde, Entsch. des O. A.G. Rostock I. S. 214 ff. Daß der Artikel 16 der Bun-
des-Akte sich auf kirchenrechtliche Verhältnisse nicht beziehe, wurde aus Veranlassung einer von
dem Freiherrn von der Kettenburg gegen den Landtagsbeschluß vom 11. Dezember 1852 (s. ob.
S. 63 Note 6) beim Bundestage erhobene Beschwerde durch Beschluß vom 9. Juni 1853 (Pro-=
tokolle § 152) ausdrücklich ausgesprochen. Vgl. auch: die katholische Religionsausübung in Mecklen-
burg, Jena 1852 und Zöpfl, Staatsrecht II. S. 852. — Daß das Deutsche Reich zum Eingreifen
in das Gebiet des Kirchenrechts nicht kompetent ist, ergiebt Art. 4 der Reichsverfassung. Auf dieses
1) Landrecht III. S. 39, vgl. Patrimonialgerichtsordnung vom 21. Juli 1821 § 5. Für
die Kbosterbeamten haften demnach die Klöster selbst. Klosterhypothekenordnung vom 8. Dezember
1852 § 29.
2) Siggelkow, Handbuch des mecklenb. Kirchenrechtes 1783. Meyer, Kirchenrecht
2. Aufl. 1856. Hagemeister § 170 ff., vor dessen Angaben in Religions= und kirchlichen An-
gelegenheiten indeß in einem Reskr. vom 8. April 1794 (P. G. S. II. S. 304) eigens gewarnt ist.
3) v. Kamptz, Handbuch des mecklenburgischen Civilrechtes § 163. Landrecht lI. § 124;
weitere Literaturangaben das. in Note 1.
4) Mecklenburg-Schwerin: Landesherrl. Statut vom 14. Mai 1839, modifizirt durch
V.O. vom 24. Mai 1853 und V.O. vom 27. Dezember 1875; V.O. betr. die Gemeinde-Verhältnisse
und Civilstandsregister der Juden vom 26. März 1873. Synagogenordnung vom 29. April 1843.
Mecklenburg-Strelitz: V.O. vom 28. Januar 1868. Das Schutzgeld der Juden ist seit
1847 aufgehoben. (V.O. vom 9. November 1846. Raabe IV. S. 199.)
5) V.O. vom 30. März 1821, vgl. V.O. vom 25. Januar 1811, (Raabe IV. S. 95. 97.)