Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

70 Büsing, Das Staatsrecht der Großherzogthümer Mecklenburg. § 26. 
als weltliches Fürstenthum an Mecklenburg-Schwerin und bildet seit dem Hamburger 
Vergleiche von 1701 zusammen mit der Herrschaft Stargard das gegenwärtige Groß- 
herzogthum Mecklenburg-Strelitz. Es umfaßt ein Gebiet von 381,94 qkm, hat etwa 
17000 Einwohner und besteht aus dem Domhofe bei Ratzeburg, der amtssässigen Stadt 
Schönberg, drei allodialen Rittergütern, welche weder vermessen noch bonitirt sind und 
von welchen zwei außerhalb der Grenzen des Fürstenthums liegen, sowie aus doma- 
nialem Gebiet, welches in fünf Voigteien zerfällt und zum Theil in den Händen von 
Pächtern sich befindet, zum größeren Theile aber im bäuerlichen Eigenthume steht. Das 
Fürstenthum Ratzeburg ist mit der Herrschaft Stargard nicht zu einem einheitlichen Staats- 
ganzen verschmolzen, sondern hat sich neben derselben eine selbstständige Existenz bewahrt. 
Während seine Regierung und Verwaltung ausschließlich der Landesherrschaft von Meck- 
lenburg-Strelitz zusteht ), nimmt es an der auf dem L.G.G.E.V. von 1755 beruhenden 
landständischen Verfassung beider Großherzogthümer nicht Theil und genießt in Folge dessen 
auch in finanzieller Hinsicht eine besondere Behandlung. Bis zum Jahre 1869 war die 
Regierung des Fürstenthums eine absolute, da eine besondere Verfassung für das Fürsten- 
thum nicht bestand. Im Jahre 1869 ist auf Anregung des Bundesrathes dem Lande 
von der Landesherrschaft eine Verfassung oktroyirt worden, doch hat dieselbe bisher 
nicht in Vollzug gesetzt werden können, da die Mehrzahl der in Grundlage derselben vor- 
genommenen Wahlen ausgesprochenermaßen nur zu dem Zwecke erfolgt ist, damit die ge- 
wählten Vertreter durch ihr Nichterscheinen die Beschlußunfähigkeit der Landesvertretung 
herbeizuführen vermögen, um dadurch die Durchführung einer Verfassung zu hindern, 
welche nach Ansicht der Mehrzahl der Einwohner diesen Namen nicht verdient, weil sie 
nicht einmal den Erfordernissen des Artikel XIII der ehemaligen Deutschen Bundes-Akte 
entspricht. 
Eine diesbezügliche Erklärung ist von 11 Mitgliedern der aus 21 Mitgliedern bestehenden 
Landesvertretung ausdrücklich abgegeben und sowohl dem Bundesrathe mittels Vortrags vom 11. 
Februar 1870 als auch dem Vorsitzenden der Landesvertretung mittels Schreibens vom 7.,/9. Juni 
1870 mitgetheilt. 
Schon im Jahre 1867 hatte der Justiz-Ausschuß des Bundesrathes auf Grund eingegange- 
ner Petitionen den Antrag gestellt, der Bundesrath wolle beschließen: die Regierung des Groß- 
herzogthums sei zu ersuchen, in das Fürstenthum Ratzeburg auf dem einen oder dem anderen Wege 
eine solche Verfassung einzuführen, welche den Anforderungen des Art. XIII der Verfassung des 
ehemaligen Deutschen Bundes zu genügen geeignet sei. Das Plenum des Bundesraths war über 
seine Kompetenz nicht unbedenklich und beschloß, als der Mecklenburgische Bevollmächtigte erklärte, 
die Regierung sei zur Einführung einer Verfassung ohnehin entschlossen, die Angelegenheit als durch 
dest Erklärung erledigt anzusehen, worauf dann der Erlaß einer Verfassung am 6. November 
1869 erfolgte. 
. Ueber die Fortdauer der durch Art. XIII. der D. B.A. begründeten landesherrlichen Verpflich- 
tungen s. Schulze, Einleitung in das Deutsche Staatsrecht (1869) S. 403. 
Wiederholte in den Jahren 1871 und 1872 theils direkt, theils durch die Vermittlung des 
Reichstages an den Bundesrath gerichtete Beschwerden über die Verfassung sind, nachdem die stre- 
litzer Regierung die S. 71 in Note 2 referirte Erklärung abgegeben hatte, in Erwägung, daß 
eine Verfassungsstreitigkeit im Sinne des Art. 76 der Bundesverfassung nicht vorliege, durch Bun- 
desrathsbeschluß vom 1. Juni 1870 als ungerechtfertigt zurückgewiesen und diese Entscheidung durch 
Beschluß vom 11. März 1873 aufrecht erhalten. 
Dasstaatsrechtliche Verhältniß des Fürstenthums zum übrigen Groß- 
herzogthume ist ein durchaus unklares. Nur so viel läßt sich mit Bestimmtheit sagen, 
daß einerseits die Verbindung beider Landestheile nicht als eine Personal-Union anzusehen 
ist, andererseits aber die entgegengesetzte Auffassung, daß das ganze Fürstenthum ein Be- 
standtheil des Großherzoglich Mecklenburg-Strelitzer Domaniums sei, ebensowenig haltbar ist?). 
1) Str. H. St. B. Theil III. 
2) Das Verhältniß beider Bestandtheile des Großherzogthums Mecklenburg-Strelitz ist in den 
Reichstags-Verhandlungen eingehend erörtert, namentlich mit Rücksicht auf die Frage, ob das Fürsten- 
thum überall einen Anspruch auf eine dem Art. XIII. der D.B.A. entsprechende Verfassung habe,
	        
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