§ 7. Der Landtag. 93
hat zur Aufnahme von Darlehen für die Staatskasse (wie für das Domänenfideikommiß)
ihre Zustimmung zu geben und konkurrirt bei einzelnen wichtigen Finanzverwaltungsge-
schäften indeß ohne ein behinderndes Veto durch Kommissare (Finanzdeputirte), sowie sie
eine der Direktorenstellen der staatlichen Landesbank (eine Hypothenbank) und zwei Stellen
im Verwaltungsrathe derselben zu besetzen hat. (Grundges. § 203, 204, 207. Beil. II. z.
Grundges. § 23. Gesetz vom 3. December 1855, Gesetz vom 14. März 1866. Art. 9.
Gesetz vom 29. April 1874 §F 18.)
3. Nicht minder steht der Landschaft das Recht zu, die gesammte Staatsverwaltung
zu kontroliren und Regelwidrigkeiten zur Kenntniß der Verwaltung zu bringen. (Grund-
ges. § 215.)
4. Sie ist berechtigt und verpflichtet, Beschwerden einzelner Staatsangehöriger, welche
bereits alle Instanzen durchlaufen haben, zu prüfen und durch Majoritätsbeschluß an den
Landesherrn zu bringen (Grundges. § 216).
Zur Ausübung ihrer Berechtigungen hat sie außer dem Petitions= und Beschwerde-
recht die Interpellationsbefugniß (Geschäfts-Ordn. v. 23. Decbr. 1858 § 55) und eventuell
das Recht der Ministeranklage.
Interpellationen und Anfragen sind nach Ermessen der Staatsregierung entweder
sofort oder in der nächsten Landtags-Sitzung zu beantworten. Falls ihre Beantwortung
überhaupt unthunlich ist, so sind die Gründe und, falls sie nur zur Zeit unthunlich ist,
so ist außerdem die Zeit der Beantwortung anzugeben. (Geschäfts-Ordn. vom 23. De-
cember 1858 § 27.)
Auch sind Mitglieder der Landschaft zu Kommissionen, welche bei außerordentlichen
Ereignissen niedergesetzt werden, dann zuzuziehen, wenn es sich um persönliche oder Geld-
leistungen der gesammten Staatsangehörigen handelt. (Grunges. § 217.)
IV. Collegialrechte und besondere Rechte der einzelnen Land-
tagsmitglieder. Die Landschaft hat die Legitimation ihrer Mitglieder zu prüfen und
darüber endgültig zu entscheiden. Sie präsentirt dem Landesherrn 3 mit absoluter Stim-
menmehrheit gewählte Kandidaten zur Ernennung des Präsidenten und sodann den gleich-
falls mit absoluter Stimmenmehrheit gewählten Vicepräsidenten zur Bestätigung. Beide
bilden den Landtags-Vorstand. Ein gleichfalls gewählter Ersatzmann bedarf der landes-
herrlichen Bestätigung nicht.
Die Protokollführer und der Syndicus sind gleichfalls von der Landschaft, letzterer,
welcher der landesherrlichen Bestätigung bedarf, nach Befinden auf Lebenszeit, zu wählen.
Dem Präsidenten steht die Handhabung der Polizei im Sitzungslokale und im Zu-
schauerraum zu.
Alle übrigen auf die inneren Verhältnisse der Landschaft bezüglichen Bestimmungen,
Wahl der Kommissionen und Referenten, die Verhandlungsgegenstände, Tagesordnung,
Redeordnung, Abstimmung, Urlaub und Ausscheiden der Abgeordneten sowie die Bestim-
mungen über den Verkehr mit der Staatsregierung über Vertagung, Schluß und Auflö--
sung sind im Gesetzeswege (Gesetz vom 23. Dezemb. 1858, Verordn. vom 27. Oktbr. 1868)
festgestellt.
Die Landtagsmitglieder sind Vertreter des ganzen Volks, nicht einzelner Klassen
und Stände, und mithin nicht an Instruktionen gebunden. (Grundges. § 199.) Sie sind
zur persönlichen Erfüllung aller Pflichten verbunden und bedürfen im Fall einer Behin-
derung eines Urlaubs, welchen bis zu 8 Tagen der Dauer der Landtags-Diät der Prä-
sident, auf längere Zeit die Landschaft ertheilt. Sie stehen in Bezug auf ihr Benehmen
in der Landschaft und die Regeln der Geschäftsordnung unter der Disciplin des Prä-
sidenten.
Nach dem Gesetz vom 23. November 1848 darf ein Abgeordneter während der