Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

8 10. Die Verwaltung. 99 
Amtsgerichts, dem Oberstaatsanwalte und dem Ersten Staatsanwalte hinsichtlich der 
Staatsanwaltschaften zu. 
Die Geschäfisrevisionen der Justizbehörden erster Instanz mit Einschluß der Staats- 
anwaltschaften sind durch besondere Ministerial-Verfügung vom 23. Februar 1881 
geordnet. 
Das Disciplinarstrafrecht ist im Wesentlichen das für Civilstaatsdiener geordnete, bereits 
oben erwähnte, das Verfahren nach Analogie der Strafprozeßordnung mit instanzmäßiger 
Organisation. Die Disciplinargerichte entscheiden nicht nur über Amtssuspension, sondern 
auch über die unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand. (Gesetz vom 22. März 1879 
§ 55 f.) 
Das in der Verfassung (Grundgesetz § 8) ausdrücklich anerkannte Begnadigungsrecht 
(Abolition, Milderungsrecht, Recht der Restitution und Amnestie) ist nur an die Be- 
schränkung geknüpft, daß dadurch die Verfolgung der aus einer Rechtsverletzung herflie- 
ßenden Privatansprüche nicht ausgeschlossen wird. 
Als Ausfluß der landesherrlichen Macht, wahrscheinlich in Verbindung mit der 
Kirchen-Regentschaft (Grundgesetz § 130) steht dem Landesherrn noch das Recht zu, auf 
gemeinschaftliches Ansuchen beider Ehegatten in dringenden Fällen ohne Benachtheiligung 
der öffentlichen Moral und nach näherer Sacherörterung Ehescheidungen auszusprechen 
(dritte Beifugensammlung S. 66 und Ges. v. 13. Mai 1837 §F 288). 
§ 10. Die Verwaltung. I. Innere Verwaltung. Die innere Verwaltung, 
die pflegende und polizeiliche Thätigkeit der Staatsverwal- 
tung, ist sowohl von der Finanzverwaltung als der Justiz getrennt. Der letzteren sind 
nur innerhalb der durch die Reichsgesetzgebung gezogenen engen Grenzen aus dem Gebiete 
der Justizverwaltung, im weiteren Sinne, einzelne verwandte Branchen derselben, wie die 
sogenannte freiwillige Gerichtsbarkeit u. s. w., übertragen worden. 
Die Militärverwaltung richtet sich nach der oben angezogenen Konvention mit der 
Krone Preußen und den hierfür im Königreiche Preußen geltenden gesetzlichen Bestimmungen. 
Des Unterschieds zwischen Verwaltungssachen und Justizsachen ist bereits bei der Justiz 
Erwähnung gethan. 
Ein Gerichtshof für Entscheidung von Kompetenzkonflikten zwischen Justiz und Ver- 
waltung ist nicht errichtet worden. Kompetenzkonflikte der unteren Verwaltungsstellen 
werden von der vorgesetzten oberen Verwaltungsbehörde, zwischen Behörden verschiedener 
Ressorts, falls die Abtheilungsvorstände den Kompetenzkonflikt aufrecht erhalten, durch das 
Gesammtministerium (Ges. v. 14. März 1866 Art. 5 Nr. 12) entschieden. 
Das Centralorgan für die innere Verwaltung, dem Gebiete aller staatlichen 
Aufgaben für Sicherheit und Wohlfahrt ist das Ministerium Abtheilung des 
Innern. Auch nach dem Organisationsgesetze vom 14. März 1866 lag in ihm noch 
überwiegend der Sitz der unmittelbaren erstinstanzlichen, ihrer Anlage nach vorherrschend 
staatlichen Verwaltung. Von da ab kam das Princip der gemeindlichen Selbstverwaltung 
in der Landesgesetzgebung mehr und mehr zur Geltung. Das bisherige staatliche Auf- 
sichts-- und Genehmigungsrecht wurde erheblich beschränkt (Ges. v. 16. März 1869, Dorf- 
ordnung vom 13. Juni 1876) und die Selbstverwaltungsbefugniß der Gemeinden freier 
gestellt. Gleichzeitig wurden den Organen der Selbstverwaltungskörper (Gemeinden, Amts- 
bezirke) bisher staatliche, größeren Theils mit den früheren unteren Verwaltungsorganen, 
den Gerichten oder Kreishauptmannschaften verbunden gewesene Verwaltungsgeschäfte über- 
tragen. (Ges. v. 13. Juni 1876.) Vorzugsweise nöthigte die Reichsgesetzgebung zur Aus- 
dehnung der Gemeindeverwaltung, indem sie zur Ausführung einer Mehrzahl wichtiger 
organischer Gesetze die Hilfe der gemeindlichen Verwaltung zur Nothwendigkeit machte 
(Gewerbeordnung, Unterstützungswohnsitz, Standesämter, Wahl der Schöffen u. s. w.). 
7
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.