Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

108 Sonnenkalb, Das Staatsrecht des Herzogthums Sachsen-Altenburg. 8 11. 
ordnet. Vom Grundstücksbesitz abgesehen, sind die Angehörigen anderer Konfessionen so— 
weit, als sie die kirchlichen Anstalten (Gottesäcker) mitbenutzen, zu Beiträgen verpflichtet. 
Den Bekennern anderer christlicher Partikularkirchen ist der Schutz 
des Staats und freie Glaubensausübung zugesichert (Grundges. § 129), die Dotations- 
pflicht aber nur der Landeskirche gegenüber ausdrücklich anerkannt worden. 
Die Bildung neuer Religionsgesellschaften oder Gemeinschaften ist von der landes- 
herrlichen Genehmigung abhängig. Von der Leitern derselben ist vorher die nöthige Aus- 
kunft über Zahl und Namen der Mitglieder, ihren Austritt aus ihrer zeitherigen Reli- 
gionsgemeinschaft, über Grundlage und Zweck der neuen Gemeinschaft, insbesondere das 
Bekenntniß des Glaubens an Gott und Festhaltung der christlichen Sittenlehre und über die 
gesellschaftlichen Einrichtungen zu geben. Nur wenn die Zwecke eine gesetz= oder rechts- 
widrige Richtung haben oder den Staatszweck und das allgemeine Staatswohl gefährden, 
soll die Bildung der neuen Religionsgemeinschaft untersagt werden. 
Korporationsrechte erlangen neue Religionsgesellschaften nur durch besondere landes- 
herrliche Beleihung. « 
Sie stehen im Allgemeinen unter polizeilicher Aufsicht und können einer besonderen 
polizeilichen Ueberwachung, insbesondere in ihren Versammlungen unterstellt werden, falls 
sie Anlaß zum Verdachte gesetzwidrigen Treibens geben. 
In der Aufnahme neuer Mitglieder sind sie an bestimmte Erfordernisse derselben 
(Volljährigkeit u. s. w.) gebunden und haben über ihre Geistlichen, Prediger oder Religions— 
lehrer, deren Zulassung aus sittlichen oder staatlichen Gründen beanstandet werden kann, 
der Aufsichtsbehörde Vorlage zu machen. 
Sie sind an der Vollziehung geistlicher Handlungen, welche mit Wirkungen für das 
öffentliche oder das Privatrecht nicht verknüpft sind, nicht zu behindern, im Uebrigen aber 
allen Landesgesetzen, insbesondere auch dem für die Landeskirche geltenden Kirchenrechte 
unterworfen. 
Die besonderen Verhältnisse des Staats zur katholischen Kirche sind durch keine 
Vereinbarungen geordnet, vielmehr entscheidet hierüber, soweit die Reichsgesetzgebung nicht 
Einzelbestimmungen getroffen hat, das auf der Kirchenhoheit des Staats fußende deutsche 
Staatsherkommen. Die katholische Gemeinde in Altenburg hat Gesammtpersönlichkeit. 
Bek. v. 18. März 1876. 
Die Rechtsverhältnisse der jüdischen Religionsgesellschaften haben zur Zeit keine 
besondere gesetzliche Regelung erfahren. 
II. Die Volksschule und andere Unterrichtsanstalten. Obwohl 
die Volksschule gesetzlich nicht mehr als eine kirchliche Anstalt behandelt wird, so 
steht sie doch noch immer in Folge ihres geschichtlichen Zusammenhangs mit der Landes- 
kirche in einem engen thatsächlichen Verbande zu ihr. Ihre oberste Leitung erscheint gesetzlich 
noch ein Ausfluß des Kirchenregiments (§ 138 des Grundges.), der Religionsunterricht in ihr 
ist innere Angelegenheit der Kirche (Ges. v. 4. Januar 1869 § 5) und wird die Aufsicht hie- 
rüber nur durch Geistliche ausgeübt, (Schulgem. Ord. v. 8. Februar 1877 § 13), der Pfarrer oder 
ein Geistlicher der Parochie ist gesetzliches Mitglied des Schulvorstands und übt kraft gesetz- 
lichen Auftrags, welcher indeß von der oberen Schulbehörde zurückgezogen werden kann, 
die dem Schulvorstande, dem Organe der Schulgemeinde, obliegende Schulaufsicht aus 
(Schulgem. Ordn. v. 8. Februar 1877 § 8. 16). Die obere Schulbehörde ist das Mini- 
sterium für Kultusangelegenheiten, welchem die landesherrliche Oberaufsicht über das ge- 
sammte Schulwesen übertragen ist. In disciplinärer Beziehung sind die gesetzlichen Be- 
stimmungen vielfach die gleichen wie für die Geistlichen, wie das Rechtsmittel der Be- 
rufung an den Landesherrn im Falle der Enturlaubung (Grundges. § 151) in Besoldungs- 
fragen 2c. (Ges. v. 22. December 1875).
	        
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