8 11. Verhältniß des Staats zur Kirche und die Schule. 109
Die Gesetzgebung für die Schule ist gleichfalls die Landesgesetzgebung, ohne Zu—
ziehung von Vertretern der Kirche. Wie der Kirche, so ist der Schule in Verbindung
mit ihr eine besondere gesetzliche Fürsorge gewidmet worden. Ihrem Vermögen sind die
gleichen Privilegien ertheilt worden. Schulgelder und Abgaben und Anlagen, welche an
Schulgemeinden zu entrichten sind, werden im Verwaltungswege beigetrieben (Ges. v.
31. März 1879). Mitglieder anderer Konfessionen haben mindestens vom Grundbesitze
zu den Schulabgaben beizutragen, falls sie sich der Schulanstalten nicht bedienen. Die
Schule empfängt staatliche Zuschußrenten für Ablösungsverluste. Die staatliche Unter—
stützungspflicht ist auch der Schule gegenüber ausdrücklich anerkannt. Die lebenslänglich
angestellten Volksschullehrer sind Mitglieder der staatlich garantirten und subventionirten
Staatsdiener-Wittwen-Sozietät. Ihre Besoldungs- und Pensions-Verhältnisse sind unter
Eintheilung der Schulen in 4 Klassen, Festsetzung von Minimalbesoldungen und Alters-
zulagen (Ges. v. 22. December 1875) gesetzlich geregelt. Sie beziehen ihre Gehalte aus
der Gemeindeschulkasse, in welche die Schulgelder und staatlichen Zuschüsse (ungefähr
60 000 M. jährlich) fließen. (Ver. v. 6. März 1876.)
Zum Zwecke der Heranbildung von Volksschullehrern besteht auf staatliche Unkosten
ein besonderes Schullehrerseminar unter der Oberaufsicht der oberen Schulbehörde.
Die Anstellung und Versetzung der Volksschullehrer bedarf im Allgemeinen grund-
sätzlich nicht der vorgängigen landesherrlichen Zustimmung. Die erstere geschieht in den
Städten theils auf Grund von Ortsstatuten, zu deren Errichtung die Schulgemeindeord-
nung berechtigt, theils durch die städtischen Organe unter Mitwirkung der Schulvorstände,
bis auf Bestätigung der oberen Schulbehörde (Aushändigung der Vokation.) In den
ländlichen Gemeinden geschieht die Anstellung durch die obere Schulbehörde nach vorgän-
gigem Gehöre des Schulvorstands und des Patrons und falls mit der Stelle ein Kirchen-
dienst verbunden ist, auch des Kirchen-Vorstands und des Kirchen-Patrons.
Die Unterhaltung und Verwaltung der Volksschule ist zumeist Sache der in der
Regel eine Parochie umfassenden, nach Maßgabe der beim Erlasse der Schulgemeindeord-
nung bestehenden Schul= oder Kirchen= und Schulverbände umfänglich festgestellten Schul-
gemeinde, deren Mitglieder alle Einwohner des Schulgemeindebezirks bilden. Die Schul-
gemeinde hat die zur Unterhaltung des Schulwesens nöthigen Mittel durch Schulgeld
und Anlagen (nach Maßgabe der Ges. v. 30. Juni 1862, 28. December 1871) aufzu-
bringen, vorbehältlich der regelmäßigen und außerordentlichen staatlichen Unterstützung.
Sie wird vom Schulvorstand vertreten, welcher aus Mitgliedern der Schulgemeinde je
auf die Dauer von 6 Jahren gewählt, gebildet wird und in welchem die Mitgliedschaft
außer dem Pfarrer auch dem Ortsschullehrer, bei einer Mehrzahl von Lehrern dem ersten
Lehrer, dem Bürgermeister der Stadt und eventuell einem besonders bestellten Ortsschul-
inspektor gesetzlich eingeräumt ist. Dem Schulvorstande liegt, vorbehältlich anderweiter
Feststellung der Zuständigkeiten und Funktionen des Schulvorstands und der Schulinspek-
tionen durch Statut in den städtischen und gemischten städtisch-ländlichen Gemeinden, außer
der eigentlichen Vermögensverwaltung die Pflicht zur Unterstützung der Lehrer in ihrem
Berufe und die Mitwirkung bei Beaufsichtigung der Lehrer in Führung und Leistungen
ob. Zu seinem Wirkungkreise gehört gleichfalls die Beschlußfassung über Lokalschulord-
nungen und Ortsstatuten.
Die obere Schulbehörde ist berechtigt, den Schulvorstand aufzulösen.
Als Aufsichtsorgane dienen der oberen Verwaltung der Schule außer dem Orts-
schulinspektor der Bezirksschulinspektor und die Schulinspektion, welcher in der Regel, so-
weit nicht durch genehmigtes Ortsstatut etwas Anderes bestimmt ist, der Schulvorstand
untersteht und deren Genehmigung für eine Mehrzahl von wichtigeren Verwaltungsakten
(Ortsstatuten, größeren Bauten 2c.) erforderlich ist.