Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

118 Forkel, Das Staatsrecht der Herzogthümer Sachsen-Coburg und Gotha. §2. 
Privilegien und Moratorien kann er nicht ertheilen. Der Herzog hat auch in seiner Ei- 
genschaft als Kirchenoberer, wie alle Thüringischen Fürsten, nach einem alten Herkommen 
das Recht, protestantische Ehen von Staatsangehörigen auf Antrag beider Eheleute „aus 
landesherrlicher Machtvollkommenheit"“ zu scheiden. 
Zu den Ehrenrechten des Herzogs gehört, daß er nach Art. 11 der Militär- 
convention vom 26. Juni 1867 nach seiner Wahl Offiziere à la suite ernennen darf, deren 
Besoldung und dereinstige Pensionirung ihm allein obliegt, — ferner daß seiner im Kir- 
chengebete gedacht wird und bei seinem Tode allgemeine Landestrauer eintritt, sodann das 
Recht, den allen drei Häusern Meiningen, Coburg-Gotha und Altenburg gemeinsamen 
„Ernestinischen Hausorden“ in seinen verschiedenen Abstufungen, auch den Adelsrang, Titel 
und Würden zu verleihen. 
Eine eigentliche Civilliste bezieht der Herzog nicht; sein Einkommen aus den 
Herzogthümern fußt auf den beiden Abkommen, welche in Coburg und in Gotha über 
die Domänen bestehen, wovon weiter unten die Rede sein wird. (S. Seite 135 fg.) 
Der Herzog hat seinen wesentlichen Aufenthalt in dem Staatsgebiet zu nehmen 
und darf den Sitz der Regierung nicht außerhalb Landes verlegen. 
Das Alter der Volljährigkeit und der Regierungsmündigkeit tritt 
für den Herzog ebenso wie für jeden Prinzen mit dem vollendeten 21. Lebensjahre ein. 
III. Die Regierungsnachfolge und die Statthalterschaft. Die 
Regierung ist — in Uebereinstimmung mit den in Deutschland jetzt allgemein gelten- 
den Grundsätzen — erblich im Mannesstamme des Herzoglichen Hauses 
nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealerbfolge. Es wird 
zur Euccessionsfähigkeit rechtmäßige Abstammung aus ebenbürtiger, 
mit Bewilligung des Herzogs geschlossener Ehe erfordert; Adoption gewährt 
kein Successionsrecht, ist auch den Mitgliedern des Herzoglichen Hauses nicht gestattet. 
Die Ehe des jetzigen Herzogs mit der Großherzoglichen Prinzessin Alexandrine von 
Baden ist kinderlos. Für den Fall, daß Ernst II. ohne successionsfähige Nachkommen- 
schaft stirbt, würde nach dem Rechte der Erstgeburt der älteste Sohn seines verstorbenen 
einzigen Bruders, des Prinzen Albert, Gemahls der Königin Victoria von Großbritannien 
und Irland, also der jetzige Prinz von Wales oder im Falle seines früheren Todes dessen 
ältester Sohn zur Succession berufen sein. Das St. G. G. bestimmt jedoch, um eine Per- 
sonalunion mit dem britischen Königreiche möglichst zu vermeiden, daß der regierende 
König von England und der voraussichtliche englische Thronfolger 
1) Beide Erfordernisse müssen zusammentreffen, der Consens des Herzogs vermag die mangelnde 
Ebenbürtigkeit nicht zu ersetzen: dazu wäre vielmehr nach dem gemeinen Rechte der Consens aller 
successionsberechtigten Agnaten aus allen Sächsischen Häusern erforderlich. Von einer Linie des 
Gothaischen Gesammthauses wurden früher Zweifel gegen die Successionsfähigkeit der Descendenz 
des Prinzen Ferdinand aus der am 2. Januar 1816 eingegangenen Ehe mit der Fürstin Antonie 
Kohary erhoben, weil die Letztere nicht ebenbürtig gewesen sei. Sie stammte aus einem ungarischen 
Grafenhause; doch war ihr Vater zugleich mit ihr zu dem ausgesprochenen Zwecke, um jedes Be- 
denken gegen die Standesmäßigkeit der beabsichtigten Ehe mit dem Prinzen Ferdinand zu beseitigen, 
unter dem 15. November 1815 durch Diplom des Kaisers Franz von Oestreich in den Fürstenstand 
erhoben worden. Nach der kaiserlich bestätigten Primogenitur-Constitution des Herzogs Franz Josias 
von Coburg-Saalfeld (1746) sollten die Mitglieder des Herzogl. Hauses sich an keine andere als 
„fürstliche oder gutgräfliche“ Häuser vermählen; man suchte zu bestreiten, daß die Familie 
Kohary unter diese Bezeichnung falle. Das Herzogl. Spezialhaus hat aber die erhobenen Bedenken 
niemals gelten lassen und die Söhne des Prinzen Ferdinand sowie deren aus ebenbürtigen Ehen 
stammende Nachkommen sind unter Zustimmung aller volljährigen Agnaten aus dem Hause Coburg 
und Gotha im Art. 1 des Hausgesetzes vom 1. März 1855 ausdrücklich mit als zum Herzogl. Hause 
gehörig aufgeführt worden. **. 
Die englischen, belgischen und portugiesischen Prinzen werden bei Eingehung von Ehen zur 
Wahrung ihrer Successionsrechte in Coburg und Gotha nach dem Wortlaute des Hausgesetzes eben- 
falls der Bewilligung des Herzogs bedürfen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.