134 Forkel, Das Staatsrecht der Herzogthümer Sachsen-Coburg und Gotha. 89.
Competenzconflicte werden, weun sie zwischen Gemeindevorständen eines Land-
rathsbezirks eintreten, in erster Instanz von dem Landrathsamte, wenn sie zwischen an-
deren Verwaltungsbehörden eintreten, vom Staatsministerium, und wenn sie zwischen
Verwaltungs= und Gerichtsbehörden entstehen, von einer besonderen
„Commission zur Entscheidung der Competenzconflicte“ entschieden. Diese
Commission besteht aus dem Staatsminister als Vorsitzenden ), 2 höheren Verwaltungs-
beamten und 4 Mitgliedern des Oberlandesgerichts zu Jena. Zur Erhebung des Com-
petenzconflicts ist nur das Staatsministerium befugt und zwar, wie wohl angenommen
werden darf, diejenige Abtheilung, unter welcher die den Rechtsweg als unzulässig bean-
standende und den anhängigen Rechtsstreit für den Administrativweg reclamirende Ver-
waltungsbehörde steht. Der Competenzconflict kann nicht mehr erhoben werden, wenn in
zweiter Instanz für die Zulässigkeit des Rechtswegs entschieden ist. Das Verfahren findet
sich in dem gemeinsamen Gesetze vom 8. April 1879 geordnet. Auf Grund des § 142
des St.G.G. bestand auch schon früher eine ähnliche Commission; sie ist aber so wenig
wie die jetzige jemals in Thätigkeit getreten.
II. Die Finanzverzwaltung. 1) Jedes Herzogthum hat seine selbstständige
Finanzverwaltung und seinen eigenen Etat. Die Etats werden regelmäßig auf
eine 4jährige, in beiden Herzogthümern gleichzeitig beginnende Finanzperiode festgestellt;
geschieht die Feststellung ausnahmsweise auf eine kürzere Frist, so ist die Dauer des näch-
sten Etats auf den noch übrigen Theil der Finanzperiode zu beschränken ). Bezüglich der
gemeinsamen Angelegenheiten wird zwar der Voranschlag über die Einnahmen und
Ausgaben mit dem gemeinschaftlichen Landtag festgesetzt, ein gemeinschaftlicher
Etat wird aber nicht verkündigt, wie es auch keine gemeinschaftliche Staatskasse gibt?);
es haben vielmehr die Einzellandtage die von dem gemeinschaftlichen Landtag inner-
halb seiner Competenz genehmigten Sätze nach Höhe von /16 für Coburg und von /10
für Gotha in ihre Staatskasse-Etats einzustellen, auch den Mehrbetrag der Ausgaben durch
entsprechende Einnahmeverwilligungen zu decken. Der gemeinschaftliche Landtag beschließt
also die gemeinschaftlichen Ausgaben, die Einzellandtage aber müssen die Mittel zur Be-
streitung derselben aufbringen, soweit nicht die gemeinschaftlichen Einnahmen ausreichen.
Die Landtage dürfen übrigens ihre Verwilligungen nicht an Bedingungen knüpfen, welche
nicht den Zweck und die Verwendung der Verwilligungen betreffen.
Auf Grund des Voranschlags eines jeden Herzogthums wird in demselben das Ab-
gabengesetz erlassen.
Wenn mit dem gemeinschaftlichen Landtage über die gemeinschaftlichen Aus-
gabesätze für die nächste Frnanzperiode eine Einigung nicht zu Stande kommt, so sind, um
die Finanzverwaltung nicht zu hemmen, die bisherigen gemeinschaftlichen Etatssätze als
auf ein Jahr verlängert zu betrachten. Wird mit einem Einzellandtage eine Einigung
nicht erzielt, so gilt der bisherige Etat und das bisherige Abgabengesetz ebenfalls als
auf ein Jahr verlängert. Wie aber, wenn in diesem Falle wenigstens die gemeinsamen
Ausgaben bereits ordnungsmäßig bewilligt sind? Diese Verwilligung des gemeinschaft-
lichen Landtags bindet die Einzellandtage unter allen Umständen und wenn dieselbe gegen
1) Auch wenn er selbst die Erhebung des Competenzconflicts angeordnet hat? Der Wortlaut
des Gesetzes und die Verhandlungen des gemeinschaftlichen Landtags geben keinen Anhaltspunkt
dafür an die Hand, daß in diesem Falle eine Ausnahme Statt finden soll, trotzdem der Staats-
minister gleichsam als Richter in eigener Sache fungiren würde.
2) Im letzten Jahre der vierjährigen Finanzperiode beginnt die vierjährige Wahlperiode, die
erste Thätigkeit des neuen Landtags besteht in der Berathung des neuen Etats; so wird nahezu
während der ganzen Finanzperiode nach einem Etat gewirthschaftet, welcher mit dem zu der näm-
lichen Zeit bestehenden Landtag zu Stande gekommen ist.
3) Dagegen kann man allerdings von einem gemeinsamen Fiscus reden, insoweit gemein-
schaftliches Vermögen, gemeinschaftliche Rechte und Verbindlichkeiten bestehen.