Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

§ 7. 8. Die Finanzverwaltung. — Die Kirche. 151 
die ordentlichen und außerordentlichen Staatseinkünfte überwiesen worden. Letztere be- 
stehen aus den Erträgnissen der 21 Forstreviere, der verpachteten 13 Domänen, der Ho- 
heitsrechte, der Gebühren und der Steuern. 
Zur Zeit werden folgende Steuern erhoben. 
a. die Grundsteuer. Dieselbe ist festgestellt auf 8 pCt. des Reinertrags der steuer- 
pflichtigen Liegenschaften. 
b. die Gebäudesteuer, welche auf 4 pCt. des Nutzungswerthes der steuerpflichtigen 
Gebäude normirt ist. 
e. Die allgemeine Einkommensteuer. Diese besteht in den untersten Stufen aus 
¼ Prozent und steigt in den höheren Stufen bis nahe 2½ Prozent des jährlichen Ein- 
kommens. 
d. Die Gewerbesteuer in 8 Klassen. Der höchste Steuersatz ist 180 Mark. 
e. Die Erbschaftssteuer. Diese wird erhoben, wenn Seitenverwandte oder dem Erb- 
lasser gar nicht verwandte Personen zur Erbfolge gelangen. Sie beträgt vom gesammten 
Nachlasse 1 pCt., wenn adoptirte Kinder oder Geschwister, 2 Prozent, wenn Geschwister- 
kinder und 6 Prozent, wenn andere Personen zur Succession gelangen. 
Unter der unmittelbaren Aufsicht des Ministeriums bez. der Abtheilung für die 
Finanzen stehen folgende Organe der Finanzverwaltung: 
1) Das Revisionsbüreau. Dasselbe unterzieht alle die Staatsverwaltung betreffen- 
den Rechnungen einer Prüfung und besorgt alle im Ministerium vorkommenden calcula- 
torischen Arbeiten. 
2) Die Hauptlandescasse, welche alle Einnahmen und Ausgaben des Staates ein- 
schließlich derjenigen, welche die Verwaltung des Kammervermögens mit sich bringt, zu 
besorgen hat. 
3) Die Landescreditkasse. Diese war zunächst zur Vermittelung der Ablösung grund- 
herrlicher Lasten bestimmt, dient aber jetzt überhaupt der Hebung der Landwirthschaft 
und der Gewerbe durch Gewährung von verzinslichen Darlehen unter Gestattung all- 
mähliger Tilgung. 
3 Rent= und Steuerämter, 2 Steuerämter und 1 Rentamt besorgen die Geschäfte 
der niederen Finanzverwaltung. 
§ 8. Die Kirche. Das Regiment über die evangelische Landeskirche 
ruht in der Hand des Fürsten. Als sein Organ ist im Allgemeinen die Ministerialab- 
theilung für Kirchen= und Schulsachen anzusehen. Die Bearbeitung rein geistlicher und 
kirchlicher Angelegenheiten im Ministerium erfolgt jedoch durch ein Collegium, welches die 
Bezeichnung Kirchenrath führt. Dieses wird gebildet aus dem Vorstande der Abtheilung 
für Kirchen und Schulsachen, dem vortragenden geistlichen Rathe des Ministeriums, dem 
vortragenden Rathe in Schulangelegenheiten und aus mindestens 3 Geistlichen der Lan- 
deskirche, welche vom Fürsten dazu ernannt werden. 
Dem Kirchenrathe, welcher Beschlüsse mit Stimmenmehrheit faßt, sind insbesondere 
folgende Gegenstände überwiesen: 
1) Die Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen rein geistlichen und kirchlichen 
Inhalts. 
2) Aufsicht über Kultus und Lehre, die Mitwirkung bei Anordnung und Ueber- 
wachung des Religionsunterrichts, des Gottesdienstes und der Liturgie; die Einführung 
von Agenden, Gesangbüchern und Katechismen; Mitwirkung bei Aenderung der Parochial- 
verbände. 
3) Die Handhabung der Disciplin über die Geistlichen innerhalb der gesetzlichen 
Schranken. 
Soweit der Landesherr die Kirchengewalt nicht delegirt hat, ist sowohl das Votum
	        
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