86. Die Staatsangehörigen. 161
betreffende Dienstbehörde zu erlassendes Rescript. Durch die Behändigung des De-
cretes bez. Rescriptes wird der Dienstverband begründet. Anstellung durch Decret bewirkt
ein lebenslängliches, unwiderrufliches Rechtsverhältniß, wovon bei richterlichen Beamten
eine Ausnahme unzulässig ist, Anstellung durch Rescript nur ein widerrufliches; nach drei
Jahren können widerruflich Angestellte auch lebenslänglich angestellt werden, außerdem
wird nach 25jährigem Dienst die Anstellung von selbst unwiderruflich. Staatsdiener,
welche öffentliche Einnahmen zu verwalten haben, müssen Caution bestellen. Die Besol-
dungen und anderen Bezüge werden monatlich oder vierteljährlich vorausbezahlt. Alle
Staatsdiener sind für die Gesetzmäßigkeit ihrer amtlichen Handlungen, außer wenn
sie vom Vorgesetzten innerhalb seiner Zuständigkeit in gesetzlicher Form befohlen waren,
verantwortlich. Angemessenen Nebenaufträgen haben sie sich, nur gegen Ersatz des Auf-
wandes, zu unterziehen; Nebengeschäfte sind an Genehmigung der Anstellungsbehörde ge-
bunden. Aus den Bestimmungen über Urlaub, Heirathserlaubniß, Versetzung, Dispositions-
stellung, Pension rc. sei hervorgehoben, daß die an unwiderruflich Angestellte bei Dienst-
unfähigkeit sowie bei — auf Verlangen eines Theiles — nach zurückgelegtem 40ten Dienst-
jahre oder 70. Lebensjahre eintretender Versetzung in den Ruhestand zu gewährende Pen-
sion sich günstiger stellt, als in Preußen und im Reichsdienst, indem dieselbe bei 10 oder
weniger Dienstjahren in 40% der Besoldung besteht und für jedes weitere auch nur
begonnene Dienstjahr bis zum Maximum von 80%, um 1½% steigt. Normen für Ver-
setzungskosten bestehen nicht. Eine Novelle vom 13. Febr. 1860 verweist nur auf die
billige Berücksichtigung des den Umständen nach vorhandenen Bedürfnisses und bestimmt
als Maximum der Vergütung ein Fünftheil des mit der neuen Stelle verbundenen Jahres-
gehalts.
Für die nichtrichterlichen Beamten, Geistlichen, öffentlichen Lehrer und Hofdiener
besteht ein umfassendes Disciplinargesetz vom 23. Jan. 1880 unter Constituirung
eines Disciplinarhofs und Oberdisciplinarhofs; bezüglich der Disciplinarverhältnisse der
Richter, deren unfreiwilliger Versetzung und Stellung außer Activität ist ein besonderes
Gesetz vom 27. Mai 1879 erlassen, insbesondere ist für dieselben nicht der sonstige Dis-
ciplinar= und Oberd. Hof zuständig, sondern in 1. Instanz die aus 5 Mitgliedern gebil-
dete Disciplinarkammer des Landgerichts, in 2. Instanz der aus 7 Mitgliedern gebildete
Disciplinarsenat des Oberlandesgerichts.
Die Staatsbeamten sind mit den Geistlichen, Lehrern und Hofdienern Mitglieder
einer im J. 1857 gegründeten Pensionsanstalt für ihre Hinterbliebenen,
in welche vom 1. Jan. 1884 auch die pensionsfähigen Communal= und Bezirksbeamten
aufgenommen werden. Die Anstalt, zu welcher der Staat das Fehlende zuschießt, erfährt
durch das am 1. Jan. 1884 in Kraft tretende Ges. vom 6. Juni 1883 eine völlige Neu-
gestaltung.
Im Allgemeinen acceptirt letzteres die für die Hinterbliebenen der Reichscivilbeamten
geltenden Normen des Reichsges. v. 20. Apr. 1881 nebst der zum Gesetz über die Reichscivil-
beamten in Berathung begriffenen Novelle, enthält aber günstigere Bestimmungen namentlich
dahin, daß die Pensionsberechtigungen der Hinterbliebenen alsbald mit der Anstellung, nicht erst
nach 10 Dienstjahren beginnen, die Beiträge nur 2%, nicht 3% der Jahresbesoldung betragen,
und Kindererziehungsgelder bis zum vollendeten 21., nicht blos 18. Lebensjahre gewährt werden.
Das Wittwengeld beträgt, wenn der Tod eines im activen Dienst verstorbenen Mitgliedes oder
die vorausgegangene Pensionirung vor vollendetem 10. Dienstjahre eingetreten ist, 15/180, für
jedes nach vollendetem 10. Dienstjahre ½/1830, im Ganzen höchstens 15/180 des letzten Gehalts,
übrigens in Min. 160 M., in Max. 1600 M.; das Waisengeld für jedes Kind ½ des Wittwen-
geldes, und wenn die Mutter nicht lebt und Wittwengeld bezieht, ½ des letzteren.
§ 5. Die Staatsangehörigen. I. Nachdem sich des Rechtsgebietes über Erwerb und
Verlust der Staatsangehörigkeit, sowie über Rechte (Recht auf Unterstützung, Freizügigkeit,
Gewerbefreiheit, Preßfreiheit, Vereinsrecht, Schutz im Urheberrecht, Schutz gegen Doppel-
Handbuch des Oeffentlichen Rechts. III. 2. 11. 11