Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

89. Die Justiz. 167 
verkündigt die Gesetze mit ausdrücklichem Bezug auf die erfolgte Zustimmung des Land- 
tags bez. auf die Bestimmungen über provisorische Gesetze (§§ 35 ff. des Landes-Gr.G.). 
Verordnungen zum Vollzug der Gesetze unterliegen der Entschließung des 
Fürsten, sofern sie nicht blos den Geschäftsbetrieb betreffen oder dem Ministerium beson- 
ders aufgetragen sind. (§ 12 der V.O. v. 16. Aug. 1850.) 
Sämmtliche Gesetze und vom Fürsten oder den Oberbehörden ausgehende V.Oen, welche 
nicht blos für einzelne Orte oder Personen bestimmte Vorschriften enthalten, werden in einer 
Gesetzsammlung abgedruckt. Ist kein späterer oder früherer Zeitpunkt vorgeschrieben, treten sie 
mit dem Anfange des 8. Tages nach dem Datum der betr. Nummer der Gesetzsammlung in 
Kraft. Niemand im Staate kann sich damit entschuldigen, daß ihm die so publicirten Gesetze 
oder V.Oen unbekannt geblieben seien. (Ges. v. 13. März 1850 und 13. Dec. 1859.) 
§ 9. Die Justiz. I. Bei Einführung der neuen Gerichtsorganisation hat sich das 
Fürstenthum mittels Staatsvertrags vom 7. Oct. 1878 an Preußen dahin angeschlossen, 
daß das Königl. Oberlandesgericht Naumburg zum Oberlandesgericht, das Landgericht Er- 
furt zum Landgericht für das Fürstenthum bestellt worden ist. 
Preußen hat bei ersterem 1 Richterstelle, bei dem Landgericht 3 Richter-, 1 Staatsan- 
walts= und 2 untere Stellen an die von Sondershausen vorgeschlagenen Personen zu verleihen, 
welche durch die Ernennung die Eigenschaft Preuß. Beamten erlangen und mit diesen weiter 
rangiren. Die Besoldungen, Pensionen und Gnadenbezüge der ohne Mitwirkung Sondershausens 
angestellten Beamten und deren Hinterbliebenen trägt Preußen, die der von Sondershausen 
Vorgeschlagenen nebst deren Hinterbliebenen Sondershausen; im Uebrigen trägt Sondershausen 
beim Oberlandesgericht 3%% , beim Landgericht 25% der Kosten excl. der Kosten für Neubauten 
und Hauptreparaturen. Neuerdings ist auch noch eine detachirte Strafkammer in Sondershausen 
in das Leben getreten. Der Staatsvertrag ist zunächst auf 12 Jahre geschlossen. 
An Amtsgerichten sind (Ausf.G. zum Gerichts-V.G. v. 16. Mai 1879) fünf 
errichtet: zu Sondershausen, Ebeleben, Greußen, Arnstadt und Gehren. Die Amtsgerichte 
sind auch zuständig für die auf die Führung der Handelsregister, der Genossenschaftsre- 
gister und der Musterregister bezüglichen Geschäfte, ferner für die in dem Handelsgesetz- 
buch und Reichsges. v. 4. Juli 1868 den Gerichten zugewiesenen, von den deutschen Pro- 
ceßordnungen nicht betroffenen Angelegenheiten, sowie für die Angelegenheiten der nicht 
streitigen Gerichtsbarkeit; weiter stehen sie den Schiedsmännern ihres Bezirkes vor und 
haben die Functionen der unteren Verwaltungsbehörde in Standesamtssachen. 
In Handelssachen und Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist in zweiter Instanz 
das Landgericht zuständig; höhere Verwaltungsbehörde in Standesamtssachen ist die Ju- 
stizabtheilung des Ministeriums. 
Eine ausschließliche Zuständigkeit ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegen- 
stands ist dem Landgericht noch zugesprochen, für die Ansprüche der Staatsbeamten gegen 
den Landesfiscus aus ihrem Dienstverhältnisse, für die Ansprüche gegen den Landesfiscus 
wegen Verschuldung von Staatsbeamten und für die Ansprüche gegen öffentliche Beamte 
wegen Ueberschreitung ihrer amtlichen Befugnisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung 
von Amtshandlungen. 
Für die juristischen Prüfungen und den Vorbereitungsdienst gelten in Folge 
des mit Preußen bestehenden Staatsvertrags die preußischen Vorschriften. 
Das Institut besonderer Notare ist bereits durch Ges. v. 9. Jan. 1872 einge- 
führt; ein Ges. v. 28. Mai 1879 dehnt das Disciplinargesetz für die Richter v. 27. Mai 
1879 auf die Notare aus. 
Als interimistische Mittel-Justizbehörde besteht zur Zeit für die Durchführung der 
neuen, nach preußischem Muster erlassene Grundbuchsordnung v. 2. Aug. 1882 die sog. 
Grundbuchscommission. 
Die Entscheidung der Streitigkeiten bei Gemeinheitstheilungen und Ab- 
lösungen von Reallasten ist in Folge Staatsvertrags v. 9. Oct. 1854 der Königl. General-- 
Commission zu Merseburg und den dieser übergeordneten Instanzen übertragen. Ein
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.