184 Liebmann, Das Staatsrecht des Fürstenthums Reuß älterer Linie. 89.
streckungsverfahrens statt 1); die hauptsächlichsten direkten Gefälle können auch im Verwal—
tungsweg beigetrieben werden?!?).
Für die mit ständischer Genehmigung ausgenommenen Landesschulden haftet das ge-
sammte Staatsvermögen; bei Aufnahme derselben muß zugleich für ihre Tilgung binnen
längstens 50 Jahren sichere Vorkehrung getroffen werden?).
§ 9. Rechtspflege. Volkswirthschaftspflege. In Ansehung der Rechtspflege darf im
Allgemeinen auf Laband Handb. des öff. Rechts II. I. S. 174 flg. Bezug genommen
werden; aus der Landesgesetzgebung ist hier nur Folgendes hervorzuheben. Jedem, der
sich durch einen Akt der Landesverwaltung verletzt glaubt, steht der Rechtsweg offen .
— Dem Landesherrn steht in Straffällen nicht nur das Begnadigungsrecht, sondern auch
das Recht der Niederschlagung des Prozesses zu?). — Zum Erlaß von Strafverfügungen
nach §§ 453 flg. der St. P.O. ist das Landrathsamt befugt, jedoch nur wegen solcher
Uebertretungen, welche mit Geldstrafe (bis 150 Mark) allein oder alternativ mit Haft
bedroht sind). Strafbescheide nach 8§ 459 flg. der St. P.O. können gleichfalls vom Land-
rathsamt, sowie von den Erbschaftssteuerfiskalaten wegen gewisser Steuerhinterziehungen,
erlassen werden'). Sowohl gegen Strafverfügungen als gegen Strafbescheide ist nicht Be-
schwerde an die höhere Verwaltungsbehörde, sondern nur Antrag auf gerichtliche Entscheidung
zulässig. Außerdem sind alle Polizeibehörden befugt, Geldstrafen wegen polizeilicher Ueber-
tretungen anzufordern; bei Nichtentrichtung derselben wird jedoch die Anforderung hinfällig
und tritt ebenfalls, auch ohne Antrag des Betroffenen, das gerichtliche Verfahren ein?).
Bezüglich der volkswirthschaftlichen Verhältnisse ist Folgendes von Interesse.
Alle Frohndienste privatrechtlicher Natur?) und alle auf einem dinglichen Rechts-
verhältnisse beruhenden Geld= und Naturalabgaben 10), ingleichen alle Hutungs= und Trift-
berechtigungen an fremden Grundstücken 11) sowie gewisse servitutische Nutzungsrechte an
den Kameralwaldungen ½) sind gegen Zahlung des 20= bis 25fachen Betrags des Jahres-
ertrags ablösbar; zur Erreichung der — gegenwärtig bereits großentheils durchgeführ-
ten — Ablösung besteht eine Landrentenbank ½). Auf Grundstücke, welche von der Lau-
demial= oder Erbzinspflicht befreit sind, kann dieselbe nicht neu aufgelegt werden.
Das Grundbuch= und Hypothekenwesen ist unter Zugrundlegung des Realsystems
im Anschluß an die Königlich Sächsische Gesetzgebung geregelt ).
Grundstücke sind unbeschränkt theilbar mit Ausnahme der innerhalb ländlicher Ge-
meindebezirke gelegenen geschlossenen Grundbesitzungen von mehr als 3 hat von diesen
darf in der Regel nur soviel abgetrennt werden, daß ½ der auf dem Ganzen haftenden
Steuereinheiten bei dem Stammgut verbleiben ½). Abgetriebene Holzgrundstücke, welche
bei der Bonitirung nicht als verfügbar bezeichnet worden sind, müssen spätestens nach 3
Jahren wieder bepflanzt werden 5).
Grundsätzlich ist die Berechtigung aller Grundbesitzer zur Jagd auf eigenem Grund
und Boden anerkannt; die Ausübung derselben ist jedoch erheblichen Beschränkungen un-
terworfen: alle kleineren Grundbesitzungen sind zu gemeinschaftlichen, häufig mit den Flur-
bezirken zusammenfallenden Jagdbezirken vereinigt, innerhalb deren das Jagdrecht nur
von Seiten der Gesammtheit der betheiligten Grundbesitzer und zwar nur durch Verpach-
tung oder durch angestellte und verpflichtete Jäger ausgeübt werden darf!). Die Aus-
übung der Fischerei steht, wo nicht besondere Berechtigungen vorhanden sind, der poli-
tischen Gemeinde in den innerhatb ihres Bezirks fließenden Gewässern zu; das ganze
Fischereiwesen ist genau geregelt) Der Bergbau ist landesherrliches Regal ).
1) G. v. 1/7 79. 2) G. v. 2.77 79. 3) Verf. § 14. 4) Verf. § 42. 7 Ebend.
5 45. 6) V. v. 20|9 79. 7) G. v. 4.|7 79. 8) V. v. 1209 68. 9) G. v. 15./10 53.
10) G.G. v. 11./3 57 und v. 10./6 73. 11) G. v. 30.5 52. 12) G. v. 10./6 73. 13) G.
v. 27.2 73. 14) G. v. 27.2 73. 15) G. v. 20.2 75. 16) V. v. 13./12 70. 17) Prov.V.
v. 3./11 51. 18) G. v. 20/7 78. 19) G. v. 1./4 57.