Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

10 Meyer, Das Staatsrecht des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach. 83. 
richtung zu einer allgemeinen und brachte sie mit der landständischen Verfassung in nähere Ver- 
bindung. Die herzoglichen Lande wurden in sechs Aufsichtsbezirke getheilt und für jeden derselben 
ein Landrath bestellt, den die landständische Deputation aus den Gutsbesitzern d. h. Rittergutsbe- 
sitzern, adligen oder nicht adligen Standes, des Bezirkes auf drei Jahre zu wählen und dem Herzog 
zur Bestätigung zu präsentiren hatte. Die Landräthe sollten ihr Augenmerk auf Alles richten, 
was zur Beförderung der Landescultur dienen könnte, für die öffentliche Sicherheit Sorge tragen, 
die Aufsicht über den Wege-, Straßen= und Wasserbau führen, auf die Steuerbeamten und die Art 
der Steuererhebung achten, in Militärsachen, bei Aushebungen, Verabschiedungen und Eingquar- 
tierungen mitwirken 1). Durch die Constitution von 1809 wurde ferner ein Landschafts- 
collegium eingesetzt, dem die bisher dem Landschaftskassendirector und dem Steuercollegium 
zustehende Leitung des Steuerwesens, die von der Kriegscommission besorgten Kriegs= und Can- 
tonsgeschäfte, die Verwaltung des Brandassecurationsinstituts und die Angelegenheiten des Wege-, 
Straßen= und Uferbaues übertragen wurden. Das Collegium destand aus einer Anzahl vom 
Herzog ernannter Beamten, einem Landschaftsdeputirten und den sechs Landräthen; es war die 
vorgesetzte Behörde der Landräthe, an welche diese zu berichten hatten 2). — Endlich kam es in 
den Jahren 1808—15 zur Errichtung verschiedener Criminalgerichte in einzelnen Theilen 
des Landes. Veranlaßt wurde dieselbe durch die Erkenntniß, daß den Justizämtern und Pa- 
trimonialgerichten oft die geeigneten Kräfte zur Führung von Strafuntersuchungen abgingen. Die 
Criminalgerichte waren lediglich untersuchende Behörden, die Entscheidung stand den Regierungen zu. 
Weitere Veränderungen erfolgten durch die Verordnungen, die Organisation des Staats- 
ministeriums und die Organisation der Landescollegien betr., vom 1. u. 15. Dec. 1815. Das 
bisherige geheime Consilium erhielt die Bezeichuung Staatsministerium; es sollte das 
höchste Landescollegium sein und namentlich diejenigen Sachen vorberathen, welche der persönlichen 
Entscheidung des Großherzogs vorbehalten waren. Es zerfiel in drei Departements, an deren 
Spitze je ein Staatsminister stand, dem ein geheimer Referendar zur Unterstützung beigegeben 
war. Jeder Departementschef konnte zugleich auch Präsident eines Landescollegiums sein. Unter 
dem Staatsministerium standen folgende Landescollegien als Behörden höherer Instanz: 1) die 
Landesregierungen zu Weimar und Eisenach als Gerichte zweiter Instanz, Gerichte erster 
Instanz für die Schriftsäßigen, Landeshoheitsbehörden und Lehnshöfe, 2) die Landesdirec- 
tion, welche an Stelle des bisherigen Polizeicollegiums zu Weimar und der Polizeidirection 
zu Eisenach trat, als Landespolizeibehörde fungirte und aus zwei Sectionen bestand, von denen 
die eine in Weimar, die andere in Eisenach ihren Sitz hatte, 3) das Landschaftscollegium 
als Behörde für die Steuerverwaltung, aus der aber der landschaftliche Deputirte ausschied, da 
die Theilnahme der Landstände an der Verwaltung nach der neuen Verfassung völlig aufhörte, 
4) das Kammercollegium für die Verwaltung der Domänen und Regalien, hervorgegangen 
aus den bereits im Jahre 1809 zu einer Behörde vereinigten Kammercollegien in Weimar und 
Eisenach, 5) die Oberconsistorien zu Weimar und Eisenach, welche nach der im Jahre 1804 
erfolgten Aufhebung des jenaer Consistoriums noch übrig geblieben waren und nunmehr, nachdem 
ihnen ihre Gerichtsbarkeit schon durch die Consistorialordnungen vom 27. Jan. 1804 und 8. Sep- 
tember 1806 entzogen war, lediglich als kirchliche Verwaltungsbehörden fungirten. Durch Verord- 
nung vom 27. Dec. 1837 wurden beide Oberconsistorien zu einem einzigen vereinigt, das aber aus 
zwei Abtheilungen bestand, von denen die eine in Weimar, die andere in Eisenach ihren Sitz hatte. 
Das gemeinsame Hofgericht hörte mit dem 1. Jan. 1817 auf und die bei ihm 
anhängigen Sachen gingen auf die betreffenden Regierungen über. Dagegen wurde in Ausführung 
des Art. 12 der Bundesacte in Gemeinschaft mit den sächsischen Herzogthümern und den reußischen 
Fürstenthümern ein Oberappellationsgericht in Jena gegründet. Diesem traten im 
Jahre 1849 auch die schwarzburgischen und anhaltischen Länder bei. 
In den untern Instanzen wurde in jener Zeit wenig geändert. Die Justizämter, 
Rentämter, Patrimonialgerichte und städtischen Obrigkeiten blieben in ihrer alten Verfassung und 
mit ihren bisherigen Befugnissen bestehen. Auch die Criminalgerichte und Landräthe erhielten sich. 
Letztere sollten vom Landtage aus den Rittergutsbesitzern gewählt und vom Großherzog bestätigt 
werden; sie hatten Sitz und Stimme in der Landesdirection und dem Landschaftscollegium ). 
Die Trennung von Verwaltung und Justiz war innerhalb dieser Organisation 
noch nicht durchgeführt. Nicht nur daß in der untern Instanz beide Functionen vereinigt waren, 
auch bei den höheren Behörden bestand keine scharfe Scheidung derselben, da den Landesregierungen. 
sowohl Jurisdictionsbefugnisse als Landeshoheitsrechte zustanden. 
  
  
1) Constit. von 1809 § 48—55. 
2) Const. von 1809 § 30—45. 
3) Gr. Ges. § 118. Instruction vom 27. Sept. 1817.
	        
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