Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

Nachtrag. 197 
Rachtrag 
zum 
Staatsrecht der Herzogthümer 
Sachsen-Coburg und Gotha. 
Von 
. Torkel, 
Geh. Justizrath in Coburg. 
In den letzten Tagen des Monats Mai 1884, während des Drucks dieser Abtheilung des 
Handbuches wurde in dem Herzogthum Gotha (nicht auch in Coburg) zwischen der Staatsregierung 
und dem Speziallandtag ein Gesetz vereinbart, nach welchem, abgesehen von den regelmäßigen Ver- 
sammlungen eines bestehenden Vereins, für die Zeit der Gültigkeit des Reichsgesetzes gegen die ge- 
meingefährlichen Bestrebungen der Socialdemokraten bei Strafvermeidung von allen durch Privat- 
personen berufenen Versammlungen, in welchen öffentliche Angelegenheiten erörtert werden sollen, 
Seitens der Unternehmer mindestens 12 Stunden vor dem Beginn der Versammlung unter An- 
gabe des Orts und der Zeit derselben Anzeige bei der Ortspolizeibehörde zu 
machen, die Versammlung nicht später als 2 Stunden nach der in der Anzeige angegebenen Zeit 
zu beginnen, nicht länger als eine Stunde zu unterbrechen und nicht an einem anderen als an 
dem angegebenen Ort abzuhalten ist. Die Minderheit des Landtags vertrat die Ansicht, daß die 
Begründung einer solchen Anzeigepflicht eine Verfassungsänderung in sich schließe (s. Seite 125) 
und deshalb die Zustimmung des gemeinschaftlichen Landtags bedürfe, drang jedoch mit dieser 
Anschauung nicht durch. Einer polizeilichen Erlaubnifß bedürfen politische Versamm- 
lungen auch nach dem neuen Gothaischen Gesetze nicht.
	        
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