8 4. 5. 6. Die Rechtsverhältnisse d. Staatsdiener. Staatsangehörige. Gemeindeverfassung. 13
Verordnungsrecht1), das Recht provisorischer Straffestsetzung) und die gewöhnlichen po-
lizeilichen Zwangsmittel zu?).
IV. Die Gerichte. Die Organisation der Gerichte beruht seit dem
1. Okt. 1879 auf den Vorschriften des Reichsgerichtsverfassungsgesetzes und dem dazu er-
lassenen Ausführungsgesetze vom 8. März 1879. Rach letzterem bestehen im Großherzog-=
thum neunzehn Amtsgerichte, drei Landgerichte, von denen eins mit dem Fürstenthum
Reuß j. L. gemeinsam ist, und ein Oberlandesgericht zu Jena, dessen Bezirk außer dem
Großherzogthum die sächsischen Herzogthümer, die beiden reußischen Fürstenthümer, das
Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt und einige preußische Gebietstheile umfaßt.
Das Institut der Competenzconflicte ist dem weimarischen Staatsrecht unbe-
kannt, so daß über die Zulässigkeit des Rechtsweges nach Maßgabe des § 17 des Reichs-
gerichtsverfassungsgesetzes die Gerichte entscheiden.
§ 4. Die Rechtsverhältnisse der Staatsdiener. Die Rechtsverhältnisse der
Staatsdiener sind durch das Gesetz über den Civilstaatsdienst vom 8. März 1850
mit Nachträgen vom 4. Februar 1854 und 27. Februar 1872 geregelt. Da die Bestim-
mungen desselben durchaus den allgemeinen in Deutschland bestehenden Grundsätzen des
Staatsdienerrechtes entsprechen, so erscheint eine ausführlichere Behandlung desselben an
dieser Stelle nicht erforderlich.
§ 5. Die Staatsangehörigen. Der Erwerb und Verlust der weimarischen Staats-
angehörigkeit richtet sich nach dem Reichsgesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes-
und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870. Da das weimarische Staatsgrundgesetz lediglich
die Verhältnisse des Landtages ordnet, die Rechte und Pflichten der Staatsangehörigen
also nicht zum Gegenstand gesetzlicher Regelung macht, so gelten in dieser Beziehung ledig-
lich die allgemeinen Grundsätze des deutschen Staatsrechtes. Zu einer Behandlung des
Gegenstandes in einer Darstellung des weimarischen Staatsrechtes ist daher keine Ver-
anlassung gegeben.
§ 6. Die Gemeindeverfassung. Die Gemeindever fassung des Großherzog=
thums beruhete bis zum Jahre 1840 auf Statuten der einzelnen Orte und Herkommen.
Am 2. Febr. 1840 wurde eine Gemeindeordnung für die Landgemeinden erlassen, während
die Städte zuächst noch ihre besonderen Statuten behielten. Eine gesetzliche Regelung der
Verhältnisse aller Gemeinden erfolgte durch die Gemeindeordnung vom 22. Februar 1850.
An deren Stelle trat später die revidirte Gemeindeordnung vom 18. Januar 1854, und
diese ist wieder durch die neue Gemeindeordnung vom 24. Juni 1874 ersetzt worden. Ein
Nachtrag zu derselben datirt vom 21. Dec. 1883.
Die Gemeindeverfassung des Großherzogthums ist für alle Gemeinden gleich-
artig. Es besteht daher zwischen Städten und Landgemeinden nur ein thatsächlicher kein
rechtlicher Unterschied.
I. Die Gemeindemitgliedschaft war nach den älteren Gemeindeordnungen
mit dem Besitz des Heimathsrechtes identisch. Nachdem dieses durch die Reichsgesetzge-
bung seine Bedeutung verloren hat, ist die Gemeindeangehörigkeit auf Wohnsitz und Grund-
besitz basirt worden. Gemeindemitglieder sind jetzt alle Personen, welche sich im Gemeinde-
bezirk wesentlich aufhalten oder daselbst ein selbstständiges Gewerbe betreiben oder
Grundeigenthum besitzen. Das Gemeindebürgerrecht muß besonders erworben werden;
dieser Erwerb erfolgt durch Verleihung Seitens der Gemeindebehörden und durch defini-
1) Ges., das Strafandrohungsrecht der Polizeibehörden betr., vom 7. Jan. 1854. Nachtrag
vom 7. Apr. 1869.
2) Ges. über die polizeiliche Straffestsetzung vom 12. Apr. 1879.
3) Ges. über die Vollstreckung der Entscheidungen und Verfügungen der Verwaltungsbe-
hörden vom 8. Mai 1879.