14 Meyer, Das Staatsrecht des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach. § 5.
tive Anstellung im Hof-, Staats-, Kirchen= und Schuldienst!). Das Bürgerrecht wird
verloren durch Verlust der Staatsangehörigkeit, durch Verzichtleistung und Aufgabe des
Wohnsitzes im Gemeindebezirk, dafern der Wegziehende in demselben weder mit einem
Wohnhause ansässig bleibt noch eine selbstständige gewerbliche Niederlassung behält noch
mit Zustimmung des Gemeinderathes unter Bestellung eines im Gemeindebezirk wohn-
haften Bevollmächtigten zur Entrichtung der Gemeindeleistungen sein Bürgerrecht sich
ausdrücklich vorbehält. Die Bürger, welche sich in dieser Weise ihr Bürgerrecht vorbe-
halten haben, gelten selbstverständlich auch fortdauernd als Gemeindemitglieder. Als
solche werden endlich auch diejenigen juristischen Personen und in der Gemeindeversamm-
lung stimmberechtigten Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und ähn-
lichen Erwerbsvereine angesehen, welche im Gemeindebezirk ihren Sitz haben, und in dem-
selben Grundstücke besitzen oder Gewerbe betreiben.
II. Die Organe der Gemeinde sind:
1. Die Gemeindeversammlung. Das Stimmrecht in derselben steht zu:
a) den Gemeindebürgern, b) den juristischen Personen, welche ihren Sitz im Gemeinde-
bezirk haben und in demselben Grundstücke besitzen oder Gewerbe betreiben, c) denjenigen
physischen und juristischen Personen, sowie steuerpflichtigen Kommanditgesellschaften, Actien-
gesellschaften und ähnlichen Erwerbsvereinen, welche in einer Gemeinde mehr als einer
der drei höchst besteuerten Bürger an solchen directen Staatsabgaben, welche bei Ver-
theilung der Gemeindelasten in der fraglichen Gemeinde in Betracht kommen, entrichten.
Das Stimmrecht stuft sich in den kleinen Gemeinden nach der Besteuerung ab, so daß die
höher besteuerten Personen eine größere Stimmenzahl besitzen. Die Gemeindeversammlung
wird nur zur Vornahme der Gemeindewahlen und zur Beschlußfassung über einzelne
außerordentliche Angelegenheiten berufen; eine Discussion darf in derselben nicht statt-
finden. In kleineren Gemeinden kann durch ortsstatutarische Festsetzung von der Wahl
eines Gemeinderathes abgesehen und die sämmtlichen Befugnisse desselben der Gemeinde-
versammlung übertragen werden.
2. Der Gemeinevorstan d. Er besteht aus einem Bürgermeister und dessen
Stellvertreter. Die Wahl erfolgt durch die Gemeindeversammlung und zwar in der
Regel auf sechs Jahr; sie kann aber nach Beschluß der Gemeindeversammlung auch auf
längere Zeit oder auf Lebensdauer geschehen. Die Abstimmung ist eine geheime. Die
Wahl bedarf der Bestätigung des Bezirksdirectors, diese kann jedoch nur aus gesetzlich
bestimmten Gründen und nach Anhörung des Bezirksausschusses versagt werden. Die
Wahl eines Bürgermeisters auf Lebenszeit erfordert die Genehmigung des Großherzogs.
Der Gemeindevorstand steht an der Spitze der gesammten Gemeindeverwaltung, ist Syn-
dikus der Gemeinde, hat die Ausübung der Ortspolizei, leitet das Armenwesen, führt
die Aufsicht über das Gemeindekassen= und Rechnungswesen; er ist dasjenige Organ,
dessen sich die Staaisbehörden bei Ausübung der Regierungsrechte in den Gemeinden
bedienen.
3. Der Gemeinderath. Die Zahl seiner Mitglieder richtet sich nach der Größe
der Gemeinden. Die Wahl erfolgt durch die Gemeindeversammlung auf vier Jahre, jedoch
so daß von zwei zu zwei Jahren die Hälfte der Mitglieder ausscheidet. Die Abstimmung
ist eine geheime. Der Gemeinderath beschließt über eine Reihe gesetzlich fixirter Ange-
legenheiten, welche größtentheils dem Gebiete der cummunalen Vermögens= und Finanz-
verwaltung angehören. Ihm steht die Controle über die Gemeindeverwaltung zu.
III. Die staatliche Aufsicht über die Gemeinden wird zunächst vom Bezirks-
1) Art. 21 der neuen Gem.O. erwähnt außerdem die Anstellung als Rechtsanwalt. Diese
Bestimmung hat ihre Bedeutung verloren, da eine Anstellung als Rechtsanwalt nach der Rechtsan-
waltsordnung für das deutsche Reich nicht mehr stattfindet.