16 Meyer, Das Staatsrecht des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach. § 7.
tages ausdrücklich zu erwähnen!). Der Landtag hat das Recht der Initiative:). Für
die Abänderung des Grundgesetzes bestehen erschwerende Formen. Bei der Beschluß-
fassung darüber müssen J/4 der Abgeordneten anwesend sein und von den Anwesenden ⅝
für die Abänderung stimmen; zwischen der Berathung und Beschlußfassung muß ein Zeit-
raum von mindestens acht Tagen liegen 3). — Dem Großherzog steht während der Zeit,
wo der Landtag nicht versammelt ist, ein s.g. Nothverordnungsrecht oder
provisorisches Gesetzgebungsrecht d. h. das Recht ohne Zustimmung des
Landtages Gesetze zu erlassen") zu. Der Großherzog darf von diesem Rechte aber nur
dann Gebrauch machen, wenn ein durch das Staatswohl dringend gebotener Zweck einer
schleunigen Erfüllung bedarf. Die Frage, ob ein derartiger Fall vorliegt, ist eine rein
thatsächliche, über welche lediglich das Ermessen des Großherzogs entscheidet und die in
keinem Falle zum Gegenstande nachträglicher richterlicher Cognition gemacht werden kann.
Das Recht, provisorische Gesetze zu erlassen, erstreckt sich auf alle Gebiete der Gesetz-
gebung; nur Abänderungen des Grundgesetzes und des Wahlgesetzes können im Wege
provisorischer Gesetzgebung nicht vorgenommen werden. Die provisorischen Gesetze sind
von allen anwesenden Departementschefs zu contrasigniren und bei ihrer Publikation
ausdrücklich als provisorische zu bezeichnen. Durch diese Vorschriften sind dem provisori-
schen Gesetzgebungsrecht verfassungsrechtliche Schranken gezogen, deren Nichtbeachtung die
Ungültigkeit der betreffenden Gesetze zur Folge haben würde. Die provisorischen Gesetze
müssen dem Landtage bei seiner nächsten Zusammenkunft zur Genehmigung vorgelegt
werden. Sie treten, wenn sie von demselben nicht ausdrücklich angenommen werden, mit
Ende desselben, d. h. mit dem Schluß der Sitzungsperiode, von selbst und ohne Weiteres
außer Kraft. Einer ausdrücklichen Aufhebung derselben bedarf es also nicht.
Dem Landtage steht ferner ein umfassendes Mitwirkungsrecht auf dem Gebiete der
Finanzverwaltung zu. Er hat gemeinschaftlich mit dem Landesfürsten die Staats-
bedürfnisse zu prüfen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Einnahmen und Ausgaben
festzusetzen; er ist mit andern Worten bei der Aufstellung des Staatshaushaltsetats be-
theiligt ). Aus diesem Recht ergeben sich von selbst die in dem revidirten Grundgesetz noch
besonders erwähnten Befugnisse zu Steuern und Belastungen der Staatsangehörigen seine
Zustimmung zu geben, Veräußerungen von Staatsgut und Aufnahme von Anleihen zu
genehmigen ). Die vom Landtage bewilligten Steuern werden mittelst eines besonderen
Steuergesetzes ausgeschrieben ). Bei Ausübung der vorgedachten Befugnisse muß sich der
Landtag innerhalb der durch die allgemeinen Gesetze gezogenen Schranken bewegen; er
darf daher gesetzlich feststehende Einnahmen und Ausgaben nicht verweigern. Für den
Fall, daß der Etat nicht zu Stande kommt, bestimmt das revidirte Grundgesetz, daß die
in dem früheren Etat bewilligten Steuern neben den sonstigen Einnahmen noch ein halbes
Jahr lang erhoben und nach Maßgabe des letzten Ausgabeetats verwendet werden können.
Nach Ablauf dieser Zeit dürsen nur noch diejenigen Ausgaben gemacht werden, welche
zur Erfüllung solcher Staatsverbindlichkeiten nothwendig sind, deren Leistung im Rechts-
wege von der Staatskasse gefordert werden kann; zu diesem Zwecke können, soweit der
Abwurf des Staatsgutes und anderweite Einnahmen nicht hinreichen, aushilfsweise neue
Steuern ausgeschrieben werden ). — Der Landtag hat endlich das Recht, die Rechnungen
1) Rev. Gr.Ges. 8 63.
2) Rev. Gr.Ges. 8 60.
3) Rev. Gr. Ges. § 64.
4) Rev. Gr. Ges. 61.
5) Rev. Gr.Ges. § 4 Nr. 1
6) Rev. Gr. Ges. § 4 Nr. 2, 39—42
6 Rev. Gr.Ges. 35.
8) Rev. Gr.Ges. " 37, 38.