8 8. Die Finanzverwaltung. 19
antwortlichkeit der Landtagsabgeordneten für ihre Aeußerungen im Landtage war
in dem Grundgesetze von 1816 und dem revidirten Grundgesetze mit der Einschränkung
festgestellt worden, daß Majestätsbeleidigungen, Beleidigungen der Regierung, des Land—
tages und Einzelner verboten und nach den Gesetzen strafbar sein sollten ). An die
Stelle dieser Vorschrift ist jetzt die weitergehende Bestimmung in § 11 des Reichsstraf-
gesetzbuches getreten. — Verhaftungen von Landtagsabgeordneten und Einlei-
tungen von strafrechtlichen Untersuchungen gegen dieselben dürfen wäh-
rend der Versammlung des Landtages und bis acht Tage nach Schluß und Vertagung
desselboen nur mit Zustimmung des Landtages stattfinden, den Fall der Ergreifung auf
frischer That allein ausgenommen. Der Landtag hat das Recht, die Aufhebung jeder
gegen eines seiner Mitglieder eröffneten Untersuchung oder verhängten Haft zu ver-
langen:). Diese Bestimmungen finden, weil ihr Zweck nur der ist, tendenziösen Ver-
folgungen vorzubeugen, nicht der, einen verurtheilten Verbrecher der Strafe zu entziehen,
ebenso wie die analogen Vorschriften anderer deutscher Landesverfassungen und der Reichs-
verfassung nur auf Untersuchungs-, dagegen nicht auf Strafhaft Anwendung. Für Ver-
haftungen in Civilsachen sind die §§ 785 und 786 der Reichscivilproceßordnung maß-
gebend. — Die Landtagsmitglieder erhalten Tagegelder und Ersatz der Reise-
kosten?).
§ 8. Die Finanzverwaltung. Bei der Betrachtung der Finanzen des Groß-
herzogthums sind namentlich zwei Gegenstände näher zu behandeln: die Verhältnisse des
Staatsvermögens und die Steuerverfassung.
I. Die Verhältnisse des Staatsvermögens haben eine definitive Regelung bis
zum heutigen Tage noch nicht gefunden. Wie in anderen deutschen Territorien, so existirte
auch in dem Herzogthum, späteren Großherzogthum Sachsen-Weimar, ein Complex von
Gütern, den man als Kammervermögern bezeichnete. Derselbe bestand aus Grund-
stücken, Regalien und anderen nutzbaren Rechten. Er diente zur Bestreitung der Kosten
des Hofhaltes und gewisser Landesbedürfnisse und wurde, den Grundsätzen des Patri-
monialstaates entsprechend, als im Eigenthum des jeweiligen Landesherrn befindlich an-
gesehen. Die Verwaltung stand einem besonderen Kammercollegium zu. Diese Verhält-
nisse blieben auch nach Erlaß des Grundgesetzes von 1816 bestehen; über die Bedeutung
des Kammervermögens für den Staatshaushalt erging ein Gesetz vom 17. April 1821.
Neben dem Kammergut bestand ein lkandschaftliches Vermögen, das ursprüng-
lich als der Corporation der Landstände gehörend angesehen war, allmählich aber den
Charakter von Staatsvermögen angen ommen hatte.
Durch eine Proclamation vom 9.. März 1848 gab der Großherzog seine Einwilli-
gung zu der Vereinigung des Kammervermögens mit dem landschaft-
lichen Vermögen, d. h. zur Erklärung des ersteren für Staats gut. Dem
Großherzog wurde eine Civilliste ausgesetzt, welche der Landtag auf 280 000 Thlr.
normirte, welche aber der Großherzog selbst auf den den Betrag von 250 000 Thlrn.
wieder herabsetzte. Diese Umgestaltungen wurden jedoch durch spätere Vereinbarungen
mit dem Landtage rückgängig gemacht. Auf Grund einer Verabschiedung mit dem im
Jahre 1854 versammelten Landtage wurde das Kammervermögen von dem land-
schaftlichen Vermögen wieder getrennt und die an demselben vor 1848 bestehenden
Rechte wiederhergestellt. Das Kammergut hat demnach im Großherzogthum noch heute
seinen alten Charakter bewahrt; es enthält eine Mischung publicistischer und privatrecht-
licher Bestandtheile. Als Eigenthümer desselben erscheint der jeweilige Großherzog, der
1) Rev. Gr. Ges. | 18.
2) Rev. Gr. Ges. § 19.
3) Rev. Gr.Ges. § 20.
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