Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

20 Meyer, Das Staatsrecht des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach. 88. 
in dieser Beziehung die Eigenschaften als Repräsentant des Fürstenhauses und als Ober— 
haupt des Staates in seiner Person ungetrennt vereinigt ). Die Verwaltung des Kam- 
mervermögens ist jedoch auch nach der Wiederherstellung der alten Rechtsverhältnisse den 
Staatsbehörden verblieben ). Die Einkünfte desselben fließen in die Staatskasse und der 
Großherzog erhält eine Civilliste, welche durch verschiedene Vereinbarungen mit dem 
Landtage schließlich auf den Betrag von 930 000 Mark gebracht worden ist. — Außer 
dem Kammergut besteht noch das frühere landschaftliche Vermögen, welches 
jetzt den Charakter reinen Staatsgutes hat, dessen Verhältnisse aber einer genaueren 
Darstellung nicht bedürfen. 
II. Die Steuerverfassung) war schon in den alt-weimarischen Landestheilen 
keine völlig gleichartige gewesen. Durch die Hinzuerwerbung neuer Gebietstheile im 
Jahre 1815 war die Mannigfaltigkeit so sehr gewachsen, daß im Ganzen etwa 50 ver- 
schiedene Steuern im Großherzogthum existirten. Dieser Zustand erschwerte nicht nur 
die Finanzverwaltung sondern erwies sich auch als ein Hinderniß für die Ausübung des 
landtäglichen Steuerbewilligungsrechtes. Die Herstellung eines einheitlichen Steuersystems 
erschien daher als eine dringende Nothwendigkeit. Aus Berathungen, welche mehrere 
Landtage hindurch fortdauerten, ging das Gesetz über die Steuerverfassung vom 29. April 
1821 hervor. Dasselbe führte zwei Steuern, eine Grundsteuer und eine Einkommensteuer, 
ein. Erstere sollte eine auf die einzelnen Grundstücke vertheilte unveränderliche Last sein, 
letztere vom Gesammteinkommen der Staatsbürger erhoben werden. An die Stelle des 
Gesetzes vom 29. April 1821 trat später das Gesetz vom 18. März 1851 und an dessen 
Stelle das revidirte Gesetz über die Steuerverfassung vom 18. März 1869, welches mit 
den Nachträgen vom 28. Februar 1872 und 6. Mai 1874 die Grundlage des heutigen 
Rechtszustandes bildet. Nach demselben werden im Großherzogthum zwei Hauptsteuern, 
die Grundsteuer und die Einkommensteuer, erhoben; zu diesen ist in neuerer Zeit die 
Steuer vom Gewerbebetrieb im Umherziehen gekommen?)). 
Die Grundstener (s. g. alte Landsteuer, alte Grundsteuer) wird nach einem fest- 
stehenden Satze erhoben. Dieser Satz kommt dem Betrage von 8⅛½ Terminen alt-wei- 
marischer Grundsteuer gleich. Die Steuer ist in dem Kataster für jedes Grundstück aus- 
geworfen und ruht auf demselben als eine unveränderliche Last. Sie hat demnach den 
Charakter einer Grundrente oder Reallast angenommen. 
Die Einkommenstener ist die Hauptsteuer des Großherzogthums. Die Ge- 
setzggebung des Großherzogthums kann das Verdienst in Anspruch nehmen, diese zu einer 
Zeit praktisch durchgeführt zu haben, wo dieselbe in anderen Ländern so gut wie unbe- 
kannt war, wo insbesondere die übrigen deutschen Staaten sich noch mit den unvollkom- 
menen Formen der Klassen= und Personalsteuern begnügten. Die Erhebung der Ein- 
kommensteuer wurde zuerst durch ein Regulativ vom 1. Mai 1821 geregelt. An seine 
Stelle trat das Regulativ oom 6. November 1823, welches das für die bisherige Steuer- 
verfassung des Großherzogthums charakteristische Ortsquotensystem einführte. Es wurde 
1) Vergl. mein Lehrbuch des deutschen Staatsrechtes § 94 S. 214. 
2) Ver., die Verwaltung des großherzoglichen Kammervermögens betr., vom 4. Mai 1854. 
3) K. Th. Stich ling, das Einkommensteuersystem des Großherzogthums Sachsen-Weimar- 
Eisenach. Weimar 1844. Steuerreform im Großherzogthum Sachsen-Weimar. Von einem Freunde 
des Landes. Weimar 1876. A. Borst, Die Grund= und Einkommensteuer des Großherzogthums 
Sachsen-Weimar. Jena 1879. (Heft des 2. Bandes der Sammlung nationalökonomischer und 
statisticher Abhandlungen des staatswissenschaftlichen Seminars zu Halle, herausgegeben von Joh. 
onra Außerdem kommt noch eine Abgabe von Hunden und die in dem dem bayrischen Zoll- und 
Steuersystem engeschoffenen Amt Ostheim für Rechnung des weimarischen Landesfiscus erhobene 
Bier= und Branntweinsteuer in Betracht. Zu einer ausführlicheren Behandlung dieser Steuern, 
welche für das weimarische Finanzsystem nur eine sehr untergeordnete Bedeutung haben, ist keine 
Veranlassung gegeben.
	        
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