Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

26 Meyer, Das Staatsrecht des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach. 8 10. 
lichkeit der Sache ausdrücklich dazu ermächtigt und von dem verfügenden Hofe dem andern 
sofortige Nachricht gegeben werden. 
Der Vertrag vom 10. April 1817 bildet bis zum heutigen Tage die Grundlage 
für die Betheiligung der Länder sachsen-ernestinischer Linie an der Universität Jena. An 
die Stelle des Herzogthums Sachsen-Gotha sind nach dem Aussterben der gothaischen 
Linie die drei Staaten, unter welche die gothaischen Länder getheilt wurden, Sachsen— 
Meiningen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Coburg-Gotha, getreten. Sie 
haben die dem Herzogthum Sachsen-Gotha in Bezug auf die Universität zustehenden Rechte 
und Verbindlichkeiten zu gleichen Theilen übernommen. Die Ausübung dieser Rechte sollte 
nach dem Theilungsvertrage vom 12. November 1826 und einer am Tage vorher ge— 
troffenen commissarischen Verabredung abwechselnd von einer der drei Regierungen als 
Inspectionshof erfolgen. In einer auf einer Conferenz zu Weimar am 15. Mai 1829 
getroffenen protocollarischen Verabredung, welche durch Ministerialerklärungen de dato 
Coburg, den 1. Juli, Altenburg, den 5. Juli, und Meiningen, den 19. August 1829, be- 
stätigt wurde, setzte man fest, daß die Eigenschaft als Inspectionshof unter den drei her- 
zoglichen Höfen nach einem fünfjährigen Turnus wechseln sollte. Die als Inspectionshof 
fungirende Regierung sollte gemeinsam mit Weimar die Aufsicht über die Universität 
führen; bei wichtigeren Angelegenheiten mußte sie sich jedoch der Zustimmung der beiden 
andern Höfe versichern. Der Turnus wurde auch provisorisch in Wirksamkeit gesetzt, mit 
Ablauf des Jahres 1841 jedoch wieder aufgegeben, weil eine Einigung über die dabei zu 
beobachtenden Reihenfolge nicht zu Stande gekommen war. Die Universität ist in Folge 
dessen durch ein großherzoglich-sachsen-weimarisches Rescript vom 7. Januar 1842 ange- 
wiesen worden, in den bei den Regierungen vorzutragendeu Angelegenheiten außer an den 
großherzoglich-sachsen-weimarischen Hof auch an die drei herzoglichen Höfe zu berichten. 
Die weimarische Regierung communicirt in Universitätsangelegenheiten ebenfalls mit allen 
drei herzoglichen Regierungen; die Verfügungen an die Universität ergehen durch das 
großherzoglich-sächsische Staatsministerium im Namen der vier betheiligten Regierungen . 
Ueber das Stimmverhältniß bei Meinungsverschiedenheiten 
ist unter den Linien des Gesammthauses Sachsen-Gotha eine Vereinbarung 
nicht getroffen worden. Das Recht Weimars, bei Meinungsverschiedenheiten über Stellen- 
besetzungen alternirend mit dem Gesammthause Gotha den Ausschlag zu geben, besteht 
auf Grund des Staatsvertrages vom 10. April 1817 unverändert fort ; doch hat 
die großherzogliche Regierung davon in neuerer Zeit thatsächlich keinen Gebrauch gemacht. 
Die Unterhaltung der Universität erfolgt zum Theil aus den Er- 
trägnissen ihres eigenen Vermögens, welches in den Dotalgütern zu 
Apolda und Remda, dem s. g. Lindenstück zu Blankenhain, den Waldungen zu Walters- 
dorf (im Herzogthum Sachsen-Altenburg), der akademischen Rosenbrauerei mit Schenke 
und Werthpapieren im Betrage von ungefähr 200 000 Mark besteht?). So weit diese 
Erträgnisse zur Bestreitung der Kosten nicht ausreichen, liegt die Pflicht der Unterhaltung 
nach dem Staatsvertrage vom 10. April 1817 dem Großherzogthum Sachsen- 
Weimar einerseits und den drei sächsischen Herzogthümern andrerseits zu 
gleichen Theilen ob. Die Zuschüsse der betheiligten Staaten haben sich in neuerer 
Zeit folgendermaßen gestaltet: 
1) Die vorstehenden Mittheilungen sind großherzoglich-sachsen-weimarischen Ministerialacten 
entnommen, deren Einsichtnahme mir der Herr Staatsminister Dr. Stichling gütigst gestattet hat. 
2) Die für besondere Zwecke bestimmten akademischen Fonds (Wittwenkasse, Speiseanstalt, 
Stipendienstiftungen u. s. w.) sind nicht eingerechnet. Sie werden etwa einen Betrag von 500,000 M. 
ausmachen. Der Universität ist im Herbst 1883 aus der Erbschaft der Gräfin Bose ein Capital 
von 800,000 Mark zugefallen, dessen Erträgnisse zur Förderung medicinischer Studien verwendet 
werden sollen. Das Capital ist aber mit einer Reihe von Rentenlegaten belegt, so daß die Ein- 
künfte zur Zeit noch nicht von großer Bedeutung sind.
	        
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