Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

34 Kircher, Das Staatsrecht des Herzogthums Sachsen-Meiningen. § 2. 
gleiche Prädicat haben seine direkten Nachkommen in erster Generation und der jeweilige 
präsumtive Regierungsnachfolger. 
II. Dotationen. Der Herzog bezieht in seiner Eigenschaft als Regent des 
Landes nach dem neuesten Domänengesetze (s. u. § 11) zur Bestreitung des Aufwandes 
des herzoglichen Hauses und Hofes einschließlich der Apanagen und Witthümer, sowie 
der Instandhaltung sämmtlicher im Gebrauche des herzoglichen Hauses stehenden Schlösser 
und Gebäude aus dem Abwurfe des Domänenvermögens jährlich eine Rente von 
230 000 Gulden Rhein. W. — 394 285 M. 71 Pf. — Außerdem hat derselbe Anspruch 
auf die Hälfte der nach Abzug dieser Rente und der auf dem Domänenvermögen haftenden 
Lasten und Administrationskosten verbleibenden jährlichen Domänenüberschüsse. Er bezieht 
endlich gewisse Naturallieferungen an Brennholz, Getreide und Fourage für die Hof- 
haltung zu feststehenden Preisen von der Domänenverwaltung. — Aus der von der Do- 
mänenkasse getrennt gehaltenen Landeskasse stehen dem Herzog keine Bezüge zu. 
III. Die Staatserbfolge ist durch die Primogeniturordnung vom 12. März 
1802 „ geregelt, welche „das Recht der Erstgeburt cum annexis“ einführte. Unter Be- 
rufung auf dieselbe bestimmt die Verf.-Urk., daß sich die Staatserbfolge in dem herzog- 
lichen Specialhause nach den Grundsätzen der Erstgeburt und der Linealordnung, im 
Uebrigen nach den Verträgen und Observanzen des Herzoglich-, Großherzoglich= und König- 
lich-Sächsischen Gesammthauses richte. 
Daß der nach dieser Successionsordnung zunächst zur Regierung berufene nächste 
(männliche) Agnat des letzten Regenten aus einer rechtmäßigen, ebenbürtigen Ehe ent- 
sprungen sein und bei dem Regierungsantritt nicht an einem geistigen oder körperlichen, 
die Regierungsfähigkeit ausschließenden Gebrechen leiden darf, ist zwar nicht durch Landes- 
gesetz bestimmt, aber als gemeines deutsches Staatsrecht anzusehen. 
Voraussetzung für die wirkliche Ausübung des Regierungrechtes Seitens des Thron- 
folgers, welcher dieses Recht bei eintretender Thronerledigung ipso jure erwirbt, ist nach 
der Landesgesetzgebung die Volljährigkeit desselben. Den Eintritt der letzteren bildet 
auch für die Prinzen des herzogl. Hauses das vollendete Lebensjahr. Dem zur Thron- 
folge berufenen Prinzen kann die Volljährigkeit aber von der Obervormundschaft schon 
nach zurückgelegtem 18. Lebensjahre mit Zustimmung des an Jahren ältesten regierenden 
Herrn des Sächs. Gesammthauses aller Linien ertheilt werden. 
Vor der Huldigung des zu diesem Zwecke einzuberufenden außerordentlichen Land 
tages soll der neue Landesherr schriftlich die Beobachtung und Schützung der Verfassung 
angeloben. Eine gleiche Versicherung hat im Falle der Unmündigkeit oder einer anderen 
Verhinderung des Regierungsantrittes des Thronfolgers der Verweser der Regierung nach 
der Verf. Urk. auszustellen. 
Für den in absehbarer Zeit nicht anzunehmenden Fall des Erlöschens des Mannes- 
stammes des herzogl. Specialhauses würden zunächst die dann noch existirenden Linien des 
Gothaischen Gesammthauses (z. Z. Coburg-Gotha und Altenburg) zur Erbfolge berufen sein. 
Wären auch sie erloschen, so würde die Erbfolge auf die Großherzogl. S. (Weimarische) Linie, 
und wenn auch sie nicht mehr existirte, auf die Königlich Sächsische Linie übergehen, wie dies 
nach den bestehenden Verträgen nicht zweifelhaft ist. Würde mit dem Aussterben der S. Mei- 
ningenschen Linie gleichzeitig der Mannesstamm des ganzen Sächs. Hauses erlöschen und die Erb- 
folgefrage lediglich nach den gegenwärtig gültigen staatsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden sein, 
so wären für diese Entscheidung die Erbverbrüderungsverträge maßgebend, welche die Häuser 
Sachsen und Hessen (zuerst am 9. Juni 1373) abschlossen, denen später das Haus Brandenburg 
(zuerst durch die Naumburger Erbverbrüderung vom 27. März 1457) hinzutrat ?). 
Eine Erörterung der Frage, wer nach diesen Erbverbrüderungen eintretenden Falles zur 
Erbfolge berufen ist, und insbesondere ob das Erbrecht des Hauses Brandenburg trotz der seiner 
Zeit nicht erfolgten Kaiserlichen Bestätigung seines Hinzutrittes zu der Sächsisch-Hessischen Erb- 
verbrüderung zu Recht besteht, kann hier füglich unterbleiben. Dagegen ist hinsichtlich der Even- 
1) Abgedruckt bei H. Schulze, Sachsische Hausgesete 1881. S. 246. 
2) Vergl. Gareis im Handb. des Oeff. Rechts lI. 1. S. 57.
	        
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