Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

58 Kircher, Das Staatsrecht des Herzogthums Sachsen-Meiningen. § 11. 
nun ihrerseits, getragen durch die politische Bewegung jener Jahre, die gesetzliche Regelung der 
Eigenthumsfrage zu Gunsten des Landes und eine für die Landeskasse günstigere Vertheilung der 
Dom Revenuen. Diesen Bestrebungen entspricht das unter dem Drange der politischen Lage zu 
Stande gekommene Gesetz vom 23. Mai 1849. Durch dasselbe wurde das gesammte Dom. Vermögen 
für Staatsgut erklärt und als solches anerkannt. Ausgenommen davon sollten nur das Residenz- 
schloß und mehrere andere Schlösser mit Inventarien und ein den jährlichen Reingewinn von 
75000 Gulden sichernder Theil des Dom. Vermögens an Immobilien sein; diesen auszuscheidenden 
Gegenständen wurde die Eigenschaft als unveräußerliches Eigenthum des herzogl. Specialhauses in 
der Eigenschaft eines Familienfideicommisses für dessen Mannesstamm beigelegt. Der Herzog sollte 
eine in erster Linie aus den Dom.Revenuen zu bestreitende, je bei Beginn der Regierung eines 
Herzogs für die Dauer derselben festzusetzende, damals auf jährlich 175000 Gulden normirte Civil= 
liste und außerdem jährlich 11000 Gulden für die Instandhaltung der Schlösser und ein bestimmtes 
Quantum Brennholz zu einem Normalpreise beziehen. 
Erklärlicher Weise hatte der damals regierende Herzog Bernhard diesem Gesetze nur mit 
Widerstreben seine Zustimmung gegeben, und die darin zu Tage tretende vorwiegende Berücksich- 
tigung der Interessen des Landes rief eine Reaction nach der entgegengesetzten Seite hervor. Die 
von mehreren Agnaten gegen das Ges. vom 23. Mai 1849 eingereichten Proteste bildeten die 
Handhabe zu dem erfolgreichen Versuch einer anderweiten gesetzlichen Regelung der Domänenfrage, 
nachdem auf Grund eines neuen, den veränderten politischen Verhältnissen Rechnung tragenden 
Wahlgesetzes ein wesentlich anders zusammengesetzter Landtag gewählt worden war. Die hauptsäch- 
lichsten Bestimmungen des Ges. vom 3. Juni 1854, welches die Veranlassung zu dem später an- 
hängig gewordenen Rechtsstreit zwischen dem Landtag des Herzogthums und dem herzogl. Hause 
bildete, waren folgende: 
Das gesammte Dom. Vermögen ist Eigenthum des herzogl. Hauses ; dieses Eigen- 
thum behält die Eigenschaft eines Familienfideicommisses des herzogl. Hauses unverändert bei. Dem 
Landtag soll innerhalb eines Jahres ein specielles Verzeichniß der Bestandtheile des Dom. Vermögens 
vorgelegt werden. Ergibt sich bei dessen Prüfung, daß einzelne Theile des bisher als Domänengut 
behandelten Complexes Eigenthum des Landes sind, so sollen sie an das Land abgetreten werden. 
Entstehen Differenzen hierüber, welche durch Vergleich nicht beseitigt werden können, so entscheidet 
ein Schiedsgericht. Der Herzog schlägt hiezu drei oberste deutsche Gerichtshöse vor, von welchen 
der Landtag eines auswählt. Zur Anrufung des Schiedsgerichtes läuft eine ausschließende sechs- 
jährige Frist von Mittheilung des Verzeichnisses an den Landtag an. — Zu freiwilligen Veräuße- 
rungen von Domänenvermögen im Werthe von mehr als 5000 Gulden und zur Kontrahirung 
neuer Domänenschulden ist die Zustimmung des Landtages nöthig; dagegen hat derselbe bei Fest- 
stellung des Domänenetats nur einen Beirath. Das Dom Vermögen ist zunächst zur Hofhaltung 
und Unterhaltung der herzogl. Familie bestimmt, einen (nicht näher bestimmten) Theil 
der Ueberschüsse giebt der Herzog zur Verwendung für die Zwecke der 
Landesverwaltung. — 
Mittelst besonderer von dem Herzog und dem damaligen Erbprinzen (jetzt regierenden Her- 
zog) ausgestellter Urkunden wurde die Zusicherung ertheilt, daß für die Dauer ihrer beiden Re- 
gierungen für den Bedarf des herzogl. Hauses und Hofes jährlich nicht mehr als 225000 Gulden 
aus den Domäneneinkünften vorweg entnommen und die Domänenüberschüsse zur Hälfte dem 
herzogl. Hause und zur Hälfte der Landeskasse zufallen sollen. In einer weiteren von dem Herzog 
unterzeichneten Urkunde wurde erklärt, daß die im Gesetz enthaltene allgemeine Anerkennung des 
Eigenthumsrechtes des herzogl. Hauses kein Präjudiz für die Beurtheilung des einzelnen zur schieds- 
richterl. Entscheidung gelangenden Falles bilden und zur Feststellung der Domänenetas für die 
Jahre vom 1. April 1856/59 die Zustimmung des Landtages eingeholt werden solle. 
Diese Zusicherungen, von welchen die ersteren in materieller Hinsicht eine Fixirung des da- 
maligen thatsächlichen Zustandes auf einen voraussichtlich langen Zeitraum in sich schlossen, mögen 
hauptsächlich dazu beigetragen haben, bei den Landtagsabgeordneten, von denen 23 für und nur 
einer, der Referent des späteren Domänenausschusses, gegen die Annahme des Gesetzes stimmten, 
die Bedenken zu überwinden, welche vom Standpunkte der Landesvertretung aus gegen das Gesetz 
sprachen: die principielle Anerkennung des Eigenthumsrechtes des herzogl. Hauses, der Verzicht 
auf die Zustimmung des Landtages zur Feststellung des Dom. Etats und die für eine spätere Zeit 
dem jeweiligen Staatsoberhaupt eingeräumte Befugniß, die der Landeskasse einzuweisende Quote 
der Domänenrevenuen nach eigenem Ermessen festzustellen. 
Im April 1855 wurde dem Landtag nach Vorschrift des Gesetzes die Designation des Dom.= 
Vermögens mitgetheilt. Danach beanspruchte das herzogl. Haus mit Ausnahme mehrerer schon 
damals meist zu Staatszwecken benutzter Gebäude die sämmtlichen bis dahin als Theile des 
Dom. Vermögens angesehenen Gegenstände“ als fideicommissarisches Eigenthum. Die dem Landtag
	        
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