* 11. Die Meininger Domänenfrage. 59
obliegende Prüfung dieses Verzeichnisses kam jedoch während der im Jahre 1860 zu Ende gehen-
den Legislaturperiode wegen mehrerer Incidentstreitigkeiten nicht einmal in dem Domänenaus-
schuß zum Abschluß, obgleich der Referent desselben seinen zum Theil dem Drucke übergebenen,
zum Theil in Folge der Inhibition der Regierung nicht veröffentlichten Bericht vollendet hatte.
Der von dem im Jahre 1860 neu gewählten Landtag bestellte Domänenausschuß erstattete unter
Benutzung der Vorarbeiten des früheren Referenten eingehenden Bericht über die Dom.Designation,
glaubte darin zunächst die Rechtsgültigkeit des Ges. vom 3. Juni 1854 anfechten zu sollen, bestritt
mit Bezugnahme auf die gleichzeitig mit diesem Gesetze ergangenen Zusicherungsurkunden die re-
gierungsseitige Behauptung, daß die Ansprüche des Landes auf einzelne Theile des Dom. Vermögens
lediglich mitlelst des Nachweises eines privatrechtlichen Erwerbstitels geltend gemacht wer-
den könnten, und gelangte schließlich nach Prüfung der einzelnen Cathegorien des Dom. Vermögens
(säcularisirte Güter, heimgefallene Lehen, Waldungen, Kammerkäufe, Kaufgelderfonds, — Stamm-
güter sollten nicht vorhanden sein —) zu dem Resultate, daß die sämmtlichen in der Designation
des Dom. Vermögens aufgeführten Bestandtheile mit nicht in Betracht kommenden Ausnahmen als
Eigenthum des Landes in Anspruch zu nehmen wären.
Bei den Berathungen über diesen Bericht wurde zwar Seitens der Regierungsvertreter an
dem Standpunkt festgehalten, daß sowohl nach gemeinem als insbesondere nach Sächs. Recht das
fideicommissarische Eigenthum der regierenden Häuser an dem Dom. Vermögen begründet bezw. aus-
drücklich anerkannt sei, daß die Geltendmachung eines Anspruches des Landes auf ganze Cathegorien
des Dom. Vermögens nach dem Ges. v. 3. Juni 1854 unzulässig erscheine und daß die Begründung
dieser Ansprüche überdies nicht für richtig erachtet werden könne. Der Landtag trat aber mit
überwiegender Majorität den Ausführungen seines Ausschusses bei und beschloß, da bei diesen ein-
ander diametral entgegenstehenden Ansichten Vermittlungsversuche aussichtslos waren, die Anrufung
des Schiedsgerichtes. Von den drei Seitens der Regierung vorgeschlagenen obersten Gerichtshöfen
zu Jena, Dresden und Celle wurde das Oberappellationsgericht Dresden gewählt; dasselbe nahm
das ihm angetragene schiedsrichterliche Amt an, theilte vorläufig dem Lande die Rolle des Klägers,
dem herzogl. Hause diejenige des Beklagten zu, und es erfolgte nunmehr der Schriftenwechsel der
Parteien bis zur Triplik. Für das herzogl. Haus wurden die Schriften von einer besonderen Do-
mänencommission, für das Land von dem Domänenausschuß bearbeit. Die voluminösen Ausfüh-
rungemder Parteien bewegten sich in dem oben bezeichneten Rahmen, erstreckten sich aber in ihren
Details auf alle einzelnen Bestandtheile des Domänencomplexes. Im Vordergrunde derselben stand
nur die Eigenthumsfrage.
Neben den Prozeßschriften erschienen eine ganze Anzahl publicistischer Abhandlungen, welche
sich mit der vielfaches Interesse darbietenden Frage beschäftigten, (für die Ansprüche des hergogl.
Hauses hauptsächlich Zachariä, für diejenigen des Landes Reyscher und Luther), und mit
Spannung sah man der ersten — wenn auch vermnuthlich interlocutorischen Entscheidung des Schieds-
gerichtes entgegen. Anstatt derselben erging im November 1867 eine Benachrichtigung an die Par-
teien, daß sich das Schiedsgericht in mehreren Plenarversammlungen eingehend mit der Angelegen-
heit beschäftigt habe und zu der Ueberzeugung gekommen sei, daß es mit Rücksicht auf die be-
sonderen Schwierigkeiten und Zweifel, welche die Sache inrechtlicher
und thatsächlicher Beziehung biete, wesentlich im Interesse beider Theile liege,
dieselbe durch einen Vergleich zum Austrag zu bringen. Hieran knüpfte sich die Frage, ob die
Parteien zur Beschickung eines Vergleichstermines bereit wären, und nachdem von beiden Seiten
zustimmende Erklärungen eingetroffen waren, wurde denselben mit der Vorladung zum Termine
ein Gesetzentwurf als formulirter Vergleichsvorschlag mit der die Form des event. Vergleiches be-
treffenden Motivirung zugefertigt, daß das Schiedsgericht in Uebereinstimmung mit bewährten
Staatsrechtslehrern die Ansicht unterhalte, daß ein solcher Akt der Gesetzgebung, wenn Souveräne
und Stände darüber einverstanden, von keiner Seite einer Anfechtung unterliegen könne.
Die wesentlichsten Bestimmungen des Ges. Entwurfs waren folgende: Das Domänenvermögen mit
Ausnahme sämmtlicher für die Zwecke der Landesverwaltung bestimmten Gebäude wird als Eigen-
thum des herzogl. Hauses anerkannt. Zu Veräußerungen und zur Aufnahme von Schulden,
sowie zur Feststellung des Domänenetats ist die Zustimmung des Landtages erforderlich. Auf dem
Dom. Vermögen haftet die Verpflichtung, außer der Bestreitung des
Aufwandes für die Hofhaltung und die herzogl. Familie einen Theil
des Ertrages zu den Staatsbedürfnissen abzugewähren. Der jährl. Auf-
wand für den herzogl. Hof wird auf 250000 Gulden festgesetzt; von den dann noch verbleibenden
Dom Ueberschüssen werden dem Herzog ½ als extraordinarium und der Landeskasse 3ä8 überwiesen.
Bei Uebergang des Herzogthums auf einen zur Succession in das Dom. Vermögen nicht berechtig-
tigten Nachfolger findet Theilung des Dom. Vermögens statt; das herzogl. Haus erhält den 20fachen
Betrag der von dem Herzog zuletzt bezogenen Civilliste ohne das extraordinarium in Grundbe-