Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

82. Das Staatsoberhaupt. 67 
der Organe der Staatsgewalt, alle Gerichtsbarkeit geht von ihm aus. Er vertritt den 
Staat in allen seinen Verhältnissen gegen andere Staaten. Seine Person ist unverletzlich, 
für alle Regierungshandlungen unverantwortlich, hat außer den höchsten kirchlichen Ehren— 
rechten als Inhaber des Kirchenregiments und den den deutschen Monarchen zustehenden Ehren- 
rechten auch landesgesetzlich das Recht auf besondere Ehrerbietung. Er genießt einen in 
der Landesgesetzgebung begründeten und durch die Reichsgesetzgebung erhöhten Rechtsschutz 
(Grundges. v. 29. April 1831 §§ 4 fgde 36. Ges. v. 11. Februar 1854). Er ist von 
Staatssteuern frei. 
Der regierende Herzog, seine direkten Nachkommen in erster Generation, der prä- 
sumtive Thronfolger, sowie seine Brüder nebst Gemahlinnen führen auf Grund Familien- 
beschlusses der Häuser Sachsen-Meiningen und Sachsen-Coburg-Gotha laut Patent vom 
vom 20. April 1844 den Titel Hoheit, und weiter Herzog zu Sachsen-Altenburg, Jülich, 
Cleve und Berg, auch Engern und Westphalen, Landgraf in Thüringen, Markgraf zu 
Meißen, gefürsteter Graf zu Henneberg, Graf zu der Mark und Ravensburg, Herr zu 
Ravenstein 2c. 
Das Wappen ist mit geringen Abweichungen (wegen der Grafschaft Tonna) das der 
Regenten des Ernestinischen Hauses. 
Gemeinschaftlich mit Sachsen-Meiningen und Sachsen-Coburg-Gotha besteht ein vom 
Herzoge Friedrich I. zu Gotha und Altenburg im Jahre 1690 unter dem Namen „Orden 
der deutschen Redlichkeit“ gestifteter und als herzogl. Sachsen-Ernestinischer Hausorden 
durch Statut vom 25. December 1833 erneuerter Hausorden, in 5 Classen, daneben einem 
affiliirten silbernen Verdienstkreuze und der Verdienstmetaille in Gold oder Silber (Ver- 
ordn. v. 15. April 1864). 
Die Beamten der herzogl. Hofhaltung sind in verschiedenen Bevorzugungen den 
Staatsdienern gleichgestellt. (cf. Gesetz vom 12. Juni 1872, Gesetz vom 30. Juni 1862 
§ 9 u. s. w.) 
Gleich wie in den meisten anderen deutschen Staaten besaß das Regentenhaus einen 
Complex von Grundbesitzungen und Gerechtsamen vorzugsweise regalistischer Natur (Do- 
mänenvermögen, Kammergut), auf dessen Ertrag die Deckung der Kosten der landesherr- 
lichen Hofhaltung verwiesen war und welches zu den Kosten der Landesverwaltung bei- 
zutragen hatte. Zur Beseitigung dieser Duplicität des Finanzwesens zwischen einem lan- 
desherrlichen Kammerfiscus und einem staatlichen (früher landschaftlichen) Fiscus, wurde 
durch einen agnatisch genehmigten, als Gesetz publicirten Vertrag vom 29. April 1874 
das gesammte Domänenvermögen, nachdem bereits durch Rezeß vom 29. December 1859 
die Mehrzahl der damit verbundenen nutzbaren Regalien und Gerechtsame staatsrechtlicher 
Natur an den Staatsfiscus abgetreten worden war, zwischen dem herzoglichen Hause und 
dem Lande dergestalt getheilt, daß das erstere zwei Drittheile, das letztere, gegen Verzicht 
auf weitere Ansprüche auf Mittragung der Regierungsausgaben Seiten des Domänen- 
vermögens, ein Drittheil erhielt. Damit erlosch das Recht des regierenden Herzogs auf 
eine besondere mit landschaftlicher Zustimmung, aus dem Domänen= oder Kammervermögen 
festzustellende Dotation, die Civilliste, sowie auf alle Leistungen, welche dem Lande außer- 
dem noch für die Hofhaltung und die Unterhaltung der herzoglichen Familie oblagen. 
Das in das Privateigenthum des herzoglichen Hauses übergehende Domänen-Vermögen 
wurde zu einem Haus= und Familienfideikomisse, unter herzoglicher Verwaltung nach be- 
stimmten hierüber gesetzlich aufgestellten Normen, erhoben. Solange ein Glied des her- 
zoglichen Gesammthauses Sachsen-Gotha über das Herzogthum Sachsen-Altenburg regiert, 
stehen dem Regenten die Rechte als Fideikommißbesitzer zu und kann das Fideikommiß so- 
lange nicht aufgelöst werden. 
Der Landschaft steht eine beschränkte Kontrole über die Verwaltung des Fideikom= 
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