Full text: Die Geschichte Württembergs.

10 I. Urgeschichte Schwabens und Württembergs. 
zu einem Kriegszug gegen die Normannen, die Paris belagerten, ein volles Jahr 
brauchte und jenen schmählicherweise den Frleden abkaufte, wurde er von den 
Großen des Reichs in Tribur, 887, abgesetzt und an seine Stelle sein Neffe Arnulf 
(887—899) gewählt. Trotz seiner Mannhaftigkeit und seines guten Willens 
für die Herstellung der Ordnung und Ruhe im Reich, konnte er, da die Großen 
immer mehr nach Unabhängigkeit strebten, nicht viel ausrichten. Unter Ludwig 
dem Kind (900—911), dem Sohne Arnulfs, glich die Karolingerherschaft 
nur noch einem Schatten. In dem Jahrhundert seit Karls des Großen Tod hatten 
sich die Bande des Reichs sehr gelöst. Der Papst suchte sich vom Kaiser los zu 
machen, sich ihm überzuordnen, nur die kirchliche Einheit festzuhalten, und dies 
gewöhnlich zum Nachtheil der staatlichen Einheit. Die großen Vasallen des Reichs 
dienten dem Katser nur aus Eigennutz; dieser mußte ihnen dagegen wileder Rechte 
einräumen, die sie zur Erreichung einer gewissen Selbständigkeit und zur Er- 
langung der Herzogswürde benützten. Bei dem Verfall des Reichs aber fielen 
die Nachbarn darüber her, nördlich die Normannen, östlich die Slaven, südlich 
die Araber und unter den letzten Karolingern kamen noch die Ungarn oder 
Magyaren, die lange Jahre elne Gelsel für Deutschland waren. · 
Den kommenden Kaisern blieb nichts mehr übrig, als die erledigten 
Herzogthümer, die sie nicht mehr auflösen konnten, mit Verwandten 
und Anhängern zu besetzen oder die übrigen Herzoge durch Bande des 
Blutes sich zu verpflichten. In Alemannien schalteten im Anfang des zehnten Jahr- 
hunderts die Kammerboten Erchanger und Berchthold, die unter Kaiser 
Konrad I.(911—918) den Entschluß faßten, das Herzogthum Schwaben 
wieder aufzurichten. Konrad aber ließ auf der Fürstenversammlung zu 
Mainz die ungehorsamen Vasallen verurtheilen und dann hinrichten 1). Doch war 
dies Beisplel nicht abschreckend; Konrad's Gewalt war nicht ausreichend, um 
verhindern zu können, daß Graf Burkhard l. im Jahr 917 sich zum Her- 
zog von Schwaben machte. Dleses Herzogthum Schwaben oder 
Alemannien dauerte 230 Jahre und verflel mit dem Untergang 
der Hohenstaufen, ohne je wieder aufgerichtet zu werden, ob- 
gleich die habsburgischen Kaiser es mehrmals wieder versuchten. 
An seine Stelle trat die Grafschaft Württemberg. 
Karls des Großen Verdienste um die Kirche sind so große, 
daß Fürsten, wie Frledrich Barbarossa und Herzog Christoph von Württemberg 
ihn zum Muster genommen haben. Wenn wir auch die gewaltsame Einführung 
des Christenthums bei den Sachsen, sowie dle zwangsmäßlge Einführung des Kirchen- 
zehnten durchaus tadeln müssen, so hat doch Karl, wenn auch oft aus politischem 
1) Erchanger und Berchthold hatten im Jahr 913 die Ungarn am Inn ge- 
schlagen und kamen bald darauf in Streit mit Salomo III., Bischof von Kon- 
st anz, einem leichtsinnigen, verschwenderischen und herrschsüchtigen Mann. Wegen einer 
Beleidigung hatten die Kammerboten diesen gefangen auf den Hohentwiel geführt. Er- 
changers Gemahlin, Bertha, ließ ihn sogleich wieder frei; sein Neffe aber hatte unter- 
dessen Mannschaft gesammelt, die Kammerboten überfallen und gefangen genommen. Konrad 
entsetzte nun Erchanger seiner Würde und verbannte ihn aus Schwaben; bald aber kehrte- 
er zurück und ließ sich zum Herzog Alemanniens ausrufen. Konrad ließ von den Fürsten 
und Bischöfen das Todesurtheil über beide aussprechen. Trotz der inständigen Bitten Berthas 
wurde Erchanger enthauptet (916). Bischof Salomo suchte in Rom Trost für sein Ge- 
wissen und starb wenige Jahre später.
	        
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