Full text: Die Geschichte Württembergs.

194 IV. Württemberg als (Kurfürstenthum und) Königreich. 
stark; Mainz, Luremburg, Landau, Ulm und Rastatt waren die fünf Bundes- 
festungen. 
Aber nicht bloß in der äußeren, sondern auch in der inneren Verfas- 
sung war nicht viel geschehen, um die Völker zu befriedigen. Im 13. Artikel 
der Bundesakte („Insallen Bundesstaaten wird eine landständische 
Verfassung stattfinden") waren wohl landständische Verfassungen ver- 
heißen, aber ohne Angabe der Prinzipien und der Art und Zeit der Ausführung. 
Die allgemeine Verstimmung des Volkes wurde noch durch die Abneigung 
Oesterreichs und Preußens gegen das neue Ständewesen erhöht. Was 
half es, daß in den meisten mittel- und süddeutschen Staaten landständische Ver- 
fassungen in's Leben traten, wenn Preußen nichts als Provinzialstände mit bloß 
berathender Stimme einrichtete, wenn Preußen sich allmählich unter den Einfluß 
der Metternich'schen Politik gefangen gab und der Reaktion zusteuerte? 
Die Partei der deutschen Patrioten sollte unterdrückt werden. 
Die deutsche Jugend erregte sich in idealen Träumen, ohne Klarheit des Ziels 
und ohne Kenntniß und Würdigung der Hindernisse. Viele Studenten feierten 
am 18. Oktober 1817 das Wartburgfest zur dreihundertjährigen Jubelfeier 
der Reformation; Jahn errichtete Turnschulen; Karl Sand ermordete 
Kotzebue in Mannheim; die Karlsbader Beschlüsse beschränkten die Preß- 
freiheit und setzten eine Central-Kommission zur Unterdiückung der „demago- 
gischen Umtriebe“ in Mainz ein; die deutsche Burschenschaft wurde verfolgt; 
die Turnanstalten wurden verboten; Männer aus der Reihe der edelsten Patrioten, 
wie E. M. Arndt 1), Jahn 2), Fries, Görres, Oken u. a. wurden abgesetzt und 
verhaftet oder mußten fliehen. Jeder Staat schloß sich vom andern streng 
ab. Wohl entwickelte sich dadurch jeder einzelne Stamm individuell; eine viel- 
seitige naturgetreue Bildung wurde dadurch gefördert. Aber man wußte nichts 
von einem gemeinsamen Vaterland, nichts vom Streben nach einem gemeinsamen 
Ziel. Deutschlands Leben und Träumen während des langen faulen Friedens 
war ein Vegetiren geworden. 
Erst die französische Julirevolution (1830) regte die Gemüther 
wieder auf und zwang die Fürsten, die zwischen Volk und Regierungen bestehen- 
den Uneinigkeiten durch milde Zugeständnisse zu mildern und zu heben. Als aber 
die neue französische Regierung einen friedlichen Charakter annahm, vereinigten 
sich die Regierungen sogleich wieder zu gemeinsamem Vorgehen gegen die Libe- 
ralen, welche kühn und bestimmt eine kräftige und einheitliche Staatsform ver- 
langten. Ein Bundestagsbeschluß verfügte, daß jede deutsche Regierung ver- 
pflichtet sei, dem Nachbar auf sein Verlangen militärische Hilfe zur Erhaltung 
der Ruhe und Ordnung zu gewähren; die Beschlüsse über die Beschränkung der 
Presse wurden in Erinnerung gebracht. Aber in Baden, Hessen und in der Pfalz 
nährten viele „Demagogen“ die durch die Julirevolution entstandene Aufregung. 
Auf dem Hambacher Fest (1832) wurden glühende Reden über die „Tyrannei 
der Fürsten, die Servilität und Despotie der Beamten u. s. w.“ gehalten. Viele 
1) Bei Arndts Verhaftung fand man auch einige Verse: „O Durchbrecher aller 
Bande!“, „Mach' der Sklaverei ein End!“, was die Polizei stark vexirte. 
2) Der „erzdeutsche"“" Jahn wurde 6 Jahre in Untersuchungshaft gehalten, weil 
— „er der erste gewesen, der die höchst gefährliche Lehre von der Einheit 
Deutschlands aufgebracht hatte.“
	        
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