§. 28. Herzog Ulrich, Fortsetzung. Der Bauernaufruhr. Der Tübinger Vertrag 2c. 73
men konnte, und der nun zur Dämpfung eines von ihm gereizten Bauern-
haufens das Versprechen der Begnadigung gab und sogleich brach!
Ulrich hätte jetzt Veranlassung und Gelegenheit gehabt, ein neues Leben
zu beginnen. Alles Seitherige wäre bald vergessen gewesen und vom Volke
als unbedachte Jugendfehler gerne vergeben worden. Aber er blieb der Mann,
„der nie bedacht, was er vollbringt.“ Von Zorn, Eifersucht und Rachgler
eingenommen, ließ er sich zu einer That hinreißen, durch dle er namenloses
Elend über sich und sein Land heraufbeschwor 1).
Ulrich war von Anfang an nicht glücklich in seiner Ehe gewesen. Seilne
Gemahlin Sabina war sehr reizbar und aufbrausend, und Ulrich, der an
den gleichen Fehlern litt, konnte ihre scharfe Zunge nicht ertragen. So kam
es oft zu häuslichen Auftritten, bei denen es einigemal sogar Püffe absetzte,
wie Ulrich selbst gestand. Dazu kam noch ein weiterer Umstand. Bei dem
Tübinger Vertrag hatte sich Ludwig von Hutten als Gesandter der Stadt
Würzburg besonders verdient um den Herzog gemacht und dieser zog aus Dank
dafür dessen Sohn, Johann von Hutten, an den Hof und schloß innige
Freundschaft mit ihm. Bald nachher verheiratete sich Hutten mit Ursula, der
Tochter des Erbmarschalls von Thumb, in dessen Haus Ulrich von Jugend
auf aus= und eingegangen war, wobei er zu Ursula große Neigung ge-
wonnen hatte. Dieses Verhältniß hörte mit ihrer Verheiratung nicht auf,
weßwegen Ludwig von Hutten von seinem Sohne Hans verlangte, er solle
den herzoglichen Hof mit seiner Frau verlassen 2). Doch er that es nicht; bald
schlug die frühere Freundschaft in bittere Feindschaft um und es kam zwischen
beiden Männern zu den heftigsten Auftritten. Am 8. Mai 1515 ritt Ulrich
auf die Jagd in den Böblinger Wald. Hutten war in seinem Gefolge. Der
Herzog entfernte sich mit Hutten von den Begleitern, wandte sich auf einmal gegen
ihn, warf ihm seine bösen Reden vor und rief ihm zu, sich seines Lelbes und
Lebens zu wehren, fiel mit seinem Schwert über ihn her und tödtete ihn mit
sieben Wunden. Dann legte er dem Todten einen Gürtel um den Hals und
knüpfte ihn damit an sein Schwert, das er in die Erde gestoßen hatte. Ulrich
enthüllte sogleich die schreckliche That seinem Gefolge, das den Leichnam aufsuchte.
Herzog Heinrich von Braunschweig sorgte für die Bestattung des Ermordeten in
der Kirche zu Holzgerlingen. — 4 Tage nach dem Mord wurde Christoph ge-
boren. Ein Schrei des Entsetzens und der Rache gieng durch ganz Deutsch-
land. Die Ritterschaft erklärte sich, weil Hutten einer der Ihrigen war, so-
gleich gegen Ulrich und vereinigte sich mit der in ganz Deutschland angesehe-
nen Familie der Hutten. Zunächst erhob sich der Vater des Ermordeten,
Ludwig von Hutten, in einer Klagschrift gegen den Herzog, in welcher
er den Kaiser zur Pflege der Gerechtigkeit, das Land Württemberg zum Auf-
1) „Das eben ist der Fluch der bösen That,
Daß fie fortzeugend Böses muß gebären.“
Schiller.
2) Die Klatschsucht machte die Sache noch größer als sie war und log noch viel
dazu. Wahr ist, daß Hans von Hutten sich in unehrerbietigen Ausdrücken über Ulrich
ausließ und über des Herzogs Verhältniß zu Ursula manches ausstreute, was diesem
nicht gefallen mochte. Man sagt sogar, daß sich Hutten durch verbotenen Umgang mit
der Herzogin Sabina an Ulrich rächte, daß er von dieser ihren Ehering erhalten und
ihn öffentlich getragen habe.