Full text: Die Geschichte Württembergs.

74 III. Württemberg als Herzogthum. 
kündigen des Gehorsams gegen seine Fürsten und die Ritterschaft zur Rache 
des ermordeten Genossen aufrief. Am kräftigsten und wirksamsten aber erhob 
Hansens Vetter, Ulrich von Hutten, in mehreren Schriften seine Stimme. 
Zwar nahm der Kaiser die Sache anfangs nicht mit Ernst auf, sondern 
suchte, namentlich bei einem Besuch des Herzogs am kaiserlichen Hof, zwi- 
schen den beiden feindlichen Parteien zu vermitteln. Doch wollte Ulrich durch- 
aus keine Genugthuung leisten und verfuhr in allem mit ungebändigter Lei- 
denschaft und blinder Wuth. Ein Mord brannte auf seinem Gewissen! Auch 
seine Gemahlln wurde noch roher behandelt als vorher. 
Doch plötzlich kam in den Verlauf des Handels eine schnelle Wen- 
dung. Sabina entfloh mit Zurücklassung ihrer beiden Kinder in Begleitung 
von Dietrich Spät, den Ulrich zum Propst von Stuttgart gemacht hatte, 
jetzt Obervogt von Urach und seit Huttens Tod ein erbltterter Feind des 
Herzogs, nach Bayern und stellte sich auf die Seite ihrer Verwandten. Da- 
mit änderten sich dle bisher wohlmeinenden Gesinnungen des Kalsers gegen 
Ulrich. Er lud ihn auf den Reichstag nach Augsburg. Ullrich erschien 
nicht 1). Nun machte der Kalser zum Vergleich den Vorschlag, daß der Her- 
zog sechs Jahre der Regierung entsagen, einen Regierungsrath einsetzen und 
den Hutten'schen 10.000 fl. bezahlen solle. Ulrich aber wies im völligen 
Einverständniß mit der Landschaft diesen Antrag zurück. Als er deßhalb vom 
Kaiser in die Acht erklärt wurde, rüstete er sich, im Vertrauen auf die Un- 
terstützung durch sein Volk, zum Kampf; das Gleiche thaten die Hutten'schen. 
Ganz Süddeutschland glich einem Kriegslager. Der Herzog stand mit seinen 
Leuten schon bei Göppingen. Da gelang es noch durch die Vermittlung des 
Matthäus Lang, des Kardinal-Erzbischofs von Salzburg, zwischen den 
Gerüsteten den Blaubeurer Vertrag (1516) zu Stande zu bringen. 
Ulrich sollte nach demselben sechs Jahre der Regierung entsa- 
gen, auf diese Zeit einen Regimentsrath einsetzen, seiner Ge- 
mahlin Sabina einen Jahresgehalt aussetzen und den Hutten- 
schen 27,000 fl. bezahlen. Die Acht wurde dagegen zurückgenommen. 
Die Anhänger der Herzogin und des Hutten in Württemberg sollten über 
Vergangenes nicht gestraft werden. 
Wer aber den Vertrag nicht hlelt, das war Ulrich. Die versprochenen 
Gelder wurden nicht bezahlt. Von Blaubeuren zog er durch das Filsthal 
herab Stuttgart zu. In Gosbach fiel von dem Schloß Hiltenburg herab 
ein Schuß auf die Seinigen. Sogleich ließ Ulrich das Schloß besetzen und 
anzünden. Auch einige Schlösser des Dietrich Spät wurden geplündert und 
nledergebrannt. An den Räthen, welche auf dem Tübinger und Blaubeurer 
Vertrag, sowie in Wien auf die Beschränkung seiner Macht und seine Ab- 
setzung auf sechs Jahre hingewirkt hatten, nahm er grausame Rache. Kon- 
1) Vielmehr rechtfertigte er seine That damit, daß er als Freischöffe des west- 
fälischen Femgerichts das Recht gehabt habe, gegen einen Treubrüchigen und Verräther 
also zu handeln. Dagegen war einzuwenden, daß schon im Jahre 1508 Maximilian 
genannter Feme die Gerichtsbarkeit über die württembergischen Unterthanen entzogen 
hatte, und daß Ulrich, wenn dieses Recht auch noch bestanden hätte, in eigener Sache 
nicht Richter sein und noch weniger ohne vorhergehendes Urtheil eine Strafe voll- 
ziehen konnte.
	        
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