Full text: Die Geschichte Württembergs.

8. 29. Herzog Ulrich. Fortsetzung. Eroberung Württembergs 2c. 79 
dieser Zelt in Mömpelgard und in Basel auf. Von den wenigen Rirtern, die ihm 
in die Verbannung gefolgt waren, verlleß ihn einer nach dem andern, weil ihm 
das Geld ausgieng. Von König Franz I. von Frankreich erhielt er endlich so- 
viel, daß er die Feste Hohentwiel ankaufen konnte. Von hier aus wollte er 
einen Schlag gegen Oesterreich führen, um wieder in den Besitz seines Landes 
zu kommen. Vorbereitet und im Geheimen gefördert hielt er seine 
Sache durch die Abneigung seines Volkes gegen die habsbur- 
gische Herrschaft und die Sehnsucht desselben nach ihm, durch die 
religlöse Bewegung, die durch die Bekanntschaft Württembergs 
mit der Lehre der Reformation entstanden war, und durch den 
Bauernkrieg. Die Stunde der Erlösung sollte aber noch lange nicht schlagen. 
Ulrich fand nirgends einen Freund, der ihn mit Waffen unterstützte. Er war 
auf geduldiges Warten angewiesen. Aber er trug sein Elend mit hoher Seelen- 
stärke und einem Muth, der nicht zu unterdrücken war 1), und so muß er 
uns in dlieser traurlgen Lage ein Gegenstand des Mitleids und der Achtung 
sein, wenn seine Noth auch eine selbstverschuldete war 2). — „Anfechtung 
lehret auf's Wort merken“, Jes. 28, 19.; dies galt auch vom vertrie- 
benen Herzog Ulrich. In der Schweiz lernte er den Ritter Hartmut von 
Kronberg kennen, der ein offener Bekenner des Evangeliums und ein ver- 
trauter Freund Luthers war, ebenso auch den Basler Reformator Oekolam- 
padius, den französischen Prediger Farel und Pfarrer Gayling aus Ilsfeld, 
seinen nachmaligen Hof= und Relseprediger. Durch diese tüchtigen Männer wurde 
Ulrich mit der Reformation, nachher auch noch mit Zwingli, näher bekannt 
und für dieselbe günstig gestimmt, so daß er damals schon entschlossen war, die 
evangelische Lehre auch in Württemberg, wenn er es wieder erlangen sollte, 
einzuführen. Hier hatten nach Reuchlins und Melanchthons wohlthätigem 
Einfluß von der Untversität Tübingen aus Luthers Schriften und Lehren 
— 
und böser Reden hören. Der Keller in Göppingen berichtete einmal, man habe auf 
der Straße zwischen Grunbach und Heppach einen Kieselstein gefunden, auf dessen einer 
Seite ein Hirschgeweih mit der Unterschrift: „Hie gut Württemberg alleweg“, auf der 
andern Seite ein Jagdhorn mit den Worten: „Vive Dux Ulrice“ zu sehen waren. 
Vgl. Pfaffs Geschichte von Württemberg I, 306. 
1) Wie erhebend klingt eine Strophe des vom Dichter dem vertriebenen Herzog 
in den Mund gelegten Liedes: 
„Ihr werft mich aus den eignen Thoren, 
Doch einmal klopf ich wieder an; 
Drum Muth, noch ist nicht all's verloren 
Ich hab'’ ein Schwert und bin ein Mann. 
Ich wanke nicht, ich will es tragen, 
Und ob mein Herz auch drüber bricht, 
So sollen meine Feinde sagen: 
Er war ein Mann und wankte nicht!“ 
Zumsteeg. 
2) Ist doch auch zu bedenken, daß er unter Räthen aufwuchs, die ihn zum Bösen 
anleiteten, um ihn nachher um so besser mißbrauchen zu können, und daß er die Zügel der 
Regierung in die Hände bekam, wo der Knabe kaum zum Jüngling herangereift war. Viele 
seiner Fehler sind auf Rechnung seiner Erziehung zu setzen. Parallele zu Kaiser Hein- 
rich IV., mit dessen Erziehungs= und Leidensgeschichte die seinige manuche Aehnlichkeit 
hat. Von Ulrich gilt mit allem Recht: „Er war größer als sein Unglück.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.