8. 30. Der Bauernkrieg und seine Folgen. 81
mit Selbsthllfe, an Erfahrung und Bildung tief unter ihren Herren stehend und
häufig geführt von Leuten, die von unlauteren Beweggründen geleitet waren,
machten die Bauern nur vereinzelte und darum ohnmächtige, krampfhafte An-
strengungen, das verhaßte Joch abzuwerfen. Hätten sich gleich von Anfang an
alle die verschiedenen Haufen unter einen gemeinsamen tüchtigen Befehlshaber ge-
stellt, wie es deren auch einige gab, und hätten sie während des Kriegs Fühlung
unter einander behalten, so wären sie sicher im Stande gewesen, ihre Dränger
zu besiegen; so aber wurden sie die Beute ihrer Feinde, die in geschlossener
Reihe auftraten und deswegen mit größerem Nachdruck als die zerstörungssüchtigen
Bauern kämpften. — In Oberschwaben und im Hegäu sammelten sich
4—5000 Bauern. Mit diesen setzte sich Ulrich, dem aus der Schweiz und
dem Elsaß Truppen zugezogen waren, in Verbindung und brach dann vom Hohent-
wiel aus in's Land herein. Der Feldhauptmann des Schwäbischen Bundes,
Georg Truchseß von Waldburg, genannt der Bauernjörg, zog ihm ent-
gegen und schlug einen Theil. Ulrich aber zog, obgleich 4000 Mann ihn ver-
ließen, über Balingen und Rosenfeld und besetzte Herrenberg, Sindelfingen, Böb-
lingen, Leonberg. Stuttgart wurde beschossen. Plötzlich wurden die Schwetzer
heimgerufen, und so mußte Ulrich wieder zurück. Einige Monate später versuchte
er die Eroberung des Landes nochmals mit den Bauern, aber vergeblich. Die
Bauern um Weingarten, der Seehaufen, hatten ihre Forderungen in
12 Artikeln abgefaßt, welche sehr gemäßigt waren und die Predigt nach dem
Worte Gottes, freie Wahl der Pfarrer, Freiheit der Jagd und des Fischfangs,
Ermäßigung der Frohnen und Abgaben verlangten. — Im Fränkischen bill-
dete sich „der schwarze Haufen“, unter der Anführung von Florian Geyer;
mit ihm verband sich das „christlich evangelische Heer“ des Jäcklin Rohr-
bach bei Heilbronn. Sie nahmen die 12 Artikel der oberschwäbischen Bauern
an. Fürsten, Herren und Edle mußten sich ihren Forderungen anschließen, denn
nur so konnten letztere ihr Leben und Eigenthum wahren. Die fränkischen und
Odenwälder Bauern rückten nun über das Kloster Schönthal vor, plünderten
das Kloster Lichtenstern und zwangen die Grafen von Hohenlohe 1), es 101 Jahr
lang mit ihnen zu halten. Dann stürmten sie am Osterfest 1525 Stadt und
Schloß Weinsberg.
Man rathschlagte, was mit den gefangenen Rittern zu thun sei. End-
lich beschloßen die Bauernhauptleute, die Herren sämmtlich hinzurichten, „um dem
Adel ein sonderbar Entsetzen und Furcht einzujagen“. „Die Müßiggänger brauchen
nicht zu leben“, hieß es; und so wurden sie denn, 70 an der Zahl, „durch dle
Spieße gejagt“, d. h. sie mußten durch zwei Reihen Bauern gehen und wurden
von denselben mit Spießen erstochen 2). Dann zog der Haufe nach Heilbronn,
wo Wendel Hippler 12 Artikel verfaßte, in denen die Bauern die Frei-
heit des großen deutschen Reichs unter einem Kaiser, Glelchheit in Münze, Maß
und Gewicht, freien Verkehr, deutsches Volksrecht, Abschaffung der Leibeigen-
1) Die Grafen von Hohenlohe und Löwenstein wurden gezwungen, vor den Bauern
zu deren Belnstigung wiederholt die Hüte herunterzuziehen, und ein Bauer, der aus
alter Gewohnbeit vor dem Grafen von Löwenstein sich neigte, bekam sogleich einen Schlag
mit der Hellebarte.
2) Eine alte Quacksalberin, „die schwärze Hofmännin“, riß den Leichnam des
Grafen Ludwig von Helfenstein auf und schmierte mit seinem Fett ihre Schuhe.
Staizer, Geschichte Württemberes.