8. 2. Die Römerherrschaft. 3
hatte das linke Rheinufer erobert, und sich die dortwohnenden deutschen Stämme
unterworfen. Diese, von Ehren und fernen Abenteuern gelockt, traten in
römische Kriegsdienste. Cäsar begünstigte die Deutschen, räumte ihnen den ersten
Platz ein und erfochte mit ihnen die glänzendsten Siege über Pompejus. Die
Söhne von deutschen Edlen wurden als Geiseln nach Rom geschleppt, dort erzogen
und auf jede Art verfuͤhrt.
Der Versuch Cäsars, östlich vom Rhein festen Fuß zu fassen, war nicht
gelungen. Augustus schickte Drusus und Tiberius mit Heeren, um
dieses Land zu erobern. Bald nach Christi Geburt wurde Varus Statt-
halter in Deutschland. Die deutschen Stämme, voran die Cherusker unter der
Anführung ihres tapfern Herzogs Hermann (#Arminius), erhoben sich gegen
die römische Tyrannek und schlugen ihre Feinde in der blutigen Schlacht im
Teutoburger Wald (9 nach Chr. G). Bald darauf löste sich der Sueven-
bund im mittleren und südlichen Deutschland auf und der größte Theil zog unter
dem Anführer Marbod, einem schlauen, unehrlichen Mann, der von der Gnade
der Römer lebte, nach Böhmen. So war Süddeutschland beinahe ganz leer und
wurde nun im Jahr 14 von den Römern erobert und als Provinz Rhätien
zum römischen Reich geschlagen. Bald nach der Eroberung wurde theils zum
Schutze, theils zur Erleichterung des Transports eine zusammenhängende Kette
von römischen Festungen erbaut und zwischen Rhein und Donau, von Pförring
an der Donau bis Miltenberg am Main, eine große Mauer, noch jetzt Teu-
felsmauer, Heidenmauer oder Pfahlgraben genannt, hergestellt. Diese Mauer
war eigentlich eine Straße, die sich aber nicht durch die Thäler, sondern über die
Berge hinzog. In Württemberg gieng sie über Lorch nach Welzheim, Murrhardt,
Mainhardt, Oehringen. Vorspringende Punkte, Pässe u. s. w. wurden mit
großer Umsicht ausgewählt, um dort Kastelle anzulegen. Spuren von solchen
finden wir noch in Cannstatt, Marbach, Rottweil, Köngen. — Das durch den
Wegzug mehrerer Stämme leergewordene Land wurde allmählig sichern Leuten
zur Bebauung überlassen, römischen Ansiedlern und keltischen Nachbarn. Der
Grund und Boden, der durch den Krieg römisches Staatsgut geworden war,
wurde verpachtet oder verkauft gegen den Zehnten vom Getreide, das Fünftel
vom Obst und eine Abgabe an Vieh. Dieses so verthellte Land hieß agri decu-
mates, d. h. Zehntland, die Kolonisten hießen decumani = Zehntleute.
Diese alle standen unter einem römischen Prokonsul, dem die ganze Verwaltung
des Landes übertragen war, und der, wenn kein Krieg zu führen war,
deutsche Flüchtlinge, Abenteurer, Mißvergnügte aller Art unter den römischen
Fahnen sammelte, um sie nachher gegen ihr eigenes Vaterland kämpfen zu lassen 1).
Der Hauptort des römischen Zehntlandes war die Kolonte Sumlocenne, wo
heute Rottenburg am Neckar steht. An vielen Orten in Schwaben fand und findet
man heute noch deutliche Spuren von römischen Wohnhäusern (Mühlhausen, Her-
renberg), einem Mosaikboden (Rottwell), von Badeanstalten (Badenweiler, Cann-
statt, Niedernauh. — Außer jener Teufelsmauer wurden noch mehrere Straßen
angelegt, von Pforzheim nach Straßburg und in's untere Neckarthal, über die
Solitude nach Cannstatt, über die Alb bei Lonsee u. s. w.
1) Deutsche Soldaten finden sich schon im 1. Jahrhundert in den römischen Heeren.
Nach der Volkssage soll Pilatus beim Tode Christi deutsche Kriegsknechte gebraucht
haben, aus Westfalen, womit man die Westfalen zu necken pflegte.