8. 31. Herzog Ulrich. Fortsetzung. Wiedereroberung des Landes. Einf. der Neformation. 89
Da Ulrich das Interim nach der Ansicht der Diözesanblschöfe nicht kräftig genug
unterstützte, so verklagten sie lhn beim Kaiser. Diesem gab der Herzog die Ant-
wort, daß er den Vorschriften des Interims nachgekommen, aber nicht der Mei-
nung sei, von seinem christlichen Bekenntniß abzufallen.
Die vielen Nöthen und Trübsale, besonders noch die Folgen des Schmal-
kaldischen Kriegs und des Interims hatten Ulrlchs Kraft vollständig gebrochen.
Vergebens suchte er im Wildbad Heilung. In Tübingen sah er seinem Ende
entgegen. Kurz vor selnem Tode (6. November 1550) sprach er noch zu seinen
Dienern: „Sehet zu, der ich viel Schmerzen und Herzeleld zu meiner Zeit erlitten
habe und durch manchen Unfall und Noth gejagt, und in dem Orden derer, die
Christo das Kreuz sollen nachtragen, wohl geübt worden bin. Da liege ich jetzt
in Gottes Gewalt und will solcher Gestalten das Leben mit dem Tod vertauschen,
daß mir dadurch Gott das ewige Leben soll geben und mich durch Christum er-
hören. Denn Christus ist allein mein Hort, mein Schild und Hoffnung im Leben
und Tod, der wird mich aus aller Noth erlösen. Denn Gottes Wort wird be-
stehen und wird ehe der Himmel und Erde vergehen. Das ist mein Zeichen ge-
wesen.“ Er liegt begraben in der St. Georgenkirche in Tübingen, unter einem
Stein mit Eberhard im Bart.
Mit Freude und Hoffen hatte ihm das Land vor 52 Jahren die
Regierung übertragen. Wie vieles Leiden war in diesem halben Jahrhundert
über unser Württemberg ergangen! Lustige und kostsplelige Hof-ü
haltung — unglücklicher Ehestanddes Herzogs — armer Konrad
— Tübinger Vertrag — Huttens Mord — Eroberung des Landes
— des Herzogs Flucht — österreichische Herrschaft — Bauern-
krieg — Unterdrückung der Reformation — Rückkehr Ulrichs —
Einführung der Reformation — Interim —: — welch' wechselvolles
Spiel treibt in diesen wenlgen Worten an unserem Auge vorüber! Und wie viel
Elend und Noth hat uns diese schauerliche Abwechslung gebracht! Fürwahr! es
gehörte ein festes und kräftiges Volksleben dazu, um alles dies durchzukämpfen,
ohne daran zu Grunde zu gehen. Unser Herzog Ulrich aber, der von keinem Leiden
verschont blieb, bleibt uns, auch wenn bis zu seinem Ende mancher Flecken an
seinem Charakter haften blieb, ein Mann, dem wir nicht bloß Mitlelden und Theil-
nahme während seiner Verbannung, sondern auch Achtung für seinen hohen Muth
und seine Seelenstärke zollen.
32.
Herzog Ehristoph. Seine *•t Liz um Antritt der Regierung.
515—15
„Es ist ein köstlich Ding einem Mann,
daß er das Joch in seiner Jugend trage.“
Klagelieder Jer. 3, 27.
„Ohne Leiden bildet sich kein Charakter.“
Feuchtersleben.
Christoph, der Sohn Ulrichs und der Sabina, war am 12. Mai 1515,
also 4 Tage nach der Ermordung Huttens geboren. Ueber seiner Jugend strahlten
keine glücklichen Sterne. Des Vaters Irrsale und Leiden, Verfolgung und Flucht
brachten auch dem unschuldigen Knaben Trübsale genug, und unter dem unglück-
1515
bis
1550.