538 Der Dardanellen-Feldzug vom 3. Dez. 1914 bis 10. Jon. 1916
meer betätigten, wo sie auf der ganzen Strecke von Gibraltar bis Lemnos
Fracht- und Truppenschiffe der Alliierten versenkten.
Am 1. Oktober legte Kitchener Sir Jan die Räumung von Gallipoli
nahe. Als der General antwortete, daß er das für undenkbar halte, forderte
der Lord ihn zur mündlichen Berichterstattung auf. Das war deutlich.
Hamilton übergab Birdwood den Befehl und fuhr nach London. Kurz
darauf traf General Charles Munro auf Cemnos ein und übernahm den
Oberbefehl über die englischen Streitkräfte vor den Dardanellen, und am
18. November landete Lord Kitchener selbst in der Suvlabai, um sich über
den Stand der Dinge und die Möglichkeit der Räumung Gallipolis zu
unterrichten.
ODas englische Kriegskabinert, das den Fall der Dardanellen seit dem
18. März täglich erwartet und durch den Mund seiner beredtesten Mit.
glieder immer wieder in Aussicht geskellt hatte, trug sich mit dem Entschluß,
das großangelegte, entscheidend gedachte Unternehmen aufzugeben.
Kitchener überzeugte sich rasch, daß nichts anderes übrigblieb, als die
Expedition zu begraben. Der französische Generalstab war längst von der
Aussichtslosigkeit des Anternehmens überzeugt, die öffentliche Meinung Eng-
lands, die sich während des Krieges freier und kritischer äußern durfte als
die jedes anderen Landes, wollte nichts mehr davon wissen.
Was war inzwischen alles geschehen? Warschau war gefallen, Brest.
Litowsk niedergebrannt, die Deutschen standen vor Riga, Ollnaburg
und Minsk, Belgrad war gefallen, österreichische Mörserbatterien und
deutsche Sprengmunition befanden sich auf dem Wege nach Konstan=
tinopel, Risch war gefallen, Saloniki bedroht, French bei Loos, Joffre in
der Champagne entkräftet zurückgesunken, Italiens Heer am Isonzo in
blutigen Schlachten gefesselt, Feldmarschall von der Goltz als Führer
einer kürkischen Armee in Bagdad eingetrossen, um der indoSbritischen
Expedition, die nur noch wenige Meilen von der alten Khalifenstadt ent.
fernt stand, die Spitze zu bieten, Igypten war von Aufständen umbrandet,
der Suczkanal gefährdet, die deutsche Schlachtflotte ungebrochen und die
übersecische Blockade Deutschlands durch die unterseeische Blockade Eng-
lands beantwortet worden — wahrlich, es war keine Zeit, um des
DPrestiges willen in einem exzentrischen Feldzug zu verharren, der nicht
mehr gewonnen werden konnte, sondern als blutiges Abenteuer einer
Katastrophe entgegenreifte!
Als Kitchener am 19. November von Mudros nach Saloniki fuhr,
um dvort einen Kriegsrat zu halten, an dem sieben englische und fünf fran-
zösische Generäle teilnahmen, war der Abbruch des Unternehmens und die
Beteiligung Englands am mozedonischen Feldzug geregelt.
Lord Kitchener trat die Rückreise an. Die Planken brannten ihm
unker den Füßen. Auf der Höhe von Malta ereilte ihn die Nachricht