Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3)

542 Der Dardanellen-Feldzug vom 3. Dez. 1914 bis 10. Jon. 1916 
das Scheitern des Dardanellen-Feldzugs der Entente, einen Teil der auf 
Gallipoli liegenden Truppen binnen wenigen Tagen in Mazedonien zu 
verwenden und die riesige Organisation der rückwärtigen Verbindungen 
der Dardanellenarmee nunmehr der Orientarmee dienstbar zu machen. So 
reiste der Entente selbst aus dem verlorensten aller Feldzüge noch will- 
kommene Nachfrucht. 
Als England und Frankreich, aus der Not eine Tugend machend, 
ihre Truppen von Gallipoli nach Saloniki warfen, taten sie unbewußt einen 
entscheidenden Zug im weltgeschichtlichen Spiel. 
Das wurde ihnen um so leichter, als Deutschland darauf verzichtete, 
aus dem Aufmarsch Sarrails vor den Toren Salonikis die zwingende 
Schlußfolgerung zu ziehen und die griechische Grenze zu überschreiten. 
DTrogydem blickten die Mittelmächte und ihre Berbündeten, vor allem 
Deutschland, an der Jahreswende auf Erfolge zurück, die so reich geschichtet 
lagen, daß deursches Kraft und Machebewußtsein daraus neue Hoffnungen 
schöpfte. Die deutsche Heeresleikung kam gleich der österreichisch--ungarischen 
zu der Lberzeugung, daß sie die strategische Handlungsfreiheit in vollem 
Umfang erkämpft habe. Die englisch-französischen Armeen im Westen 
waren erschöpft zurückgesunken, die Russen im Osten trog neuer, um die 
Jahreswende losbrechender Angriffe in der Bukowina unfähig, die öster- 
reichischen Stellungen zu erschüttern, die Engländer in Mesopotamien und 
auf Gallipoli geschlagen, die Orientarmee üÜber die griechische Grenze zurück- 
geworfen, die Icaliener noch auf dem rechten Ifer des Isonzo und vor 
den Trentiner Sperrforts gefesselt, und die Entente troh der Beherr- 
schung der Meere und der Blockade, die von ihr über ein von Lille bis 
Bagdad und von Mitau bis Triest reichendes Wirtschaftsgebiet verhänge 
worden war, in die strategische AUnterlegenheit gebannt. 
Aber ungebrochen war auf der Seite der Entente der Wille, den Krieg 
siegreich zu Ende zu führen, ungebrochen vor allem in England und Frank. 
reich. England schritt im ungeschwächten Bewußtsein seiner weltgeschicht. 
lichen Mission, Frankreich im Vollgefühl seiner kontinentalgeschichtlichen 
Rolle in das neue Kriegsjahr, beide zu den größten Opfern bereit, beide 
entschlossen, sich das Banner mit der verheißenden Devise „Für Freiheit 
und Gerechtigkeit“ nicht entwinden zu lassen und Fehlschläge und Nieder- 
lagen zu ertragen um des Enderfolges willen, der in der Zertrümmerung 
der deutschen Machtstellung gipfeln sollte. Neue Aushebungen in Eng- 
land, neue Anwerbungen afrikanischer Truppen für Frankreich, das Hinein- 
ziehen Portugals in den Kreis der Kilfsvölker, die Sammlung aller Kräfte 
zur Wiederaufnahme des Angriffsfeldzuges im Westen, das Wertrauen 
auf Rußlands wiedererskarkendes Heer und auf die langsam, aber sicher 
wirkende Aushungerung Mitteleuropas befähigten die Entente, den Krieg 
rroß der erlictenen Schläge auf starken Schultern in das neue Jahr zu tragen.
	        
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