544 Der Dardanellen-Feldzug vom 3. Dez. 1914 bis 10. Jan. 1916
Der Krieg nahm dauernd an Umfang und Heftigkeit zu, und das
Verhältnis der kriegführenden Mächte wurde an der zweiten Jahreswende
durch gehäufte politische Verknüpfungen und ungeheuer gesteigerte mili-
tärische Anstrengungen gekennzeichnet. Das kriegerische Phänomen erschien
nach der Niederlage Rußlands und den Kämpfen am Wardar, am TLigris,
vor Suez und den Dardanellen im Lichte einer Auseinandersegzung, die
die Grundfesten des europäischen Ostens und der Afrika und Asien mit
Europa verbindenden Landbrücken erschütterte.
Die Operationen des Jahres 1916, die unter solchen Vorzeichen
reisten, waren bestimmt, darüber Klarbeit zu schaffen, ob der zum
Weltkrieg gewordene und in einen Ideenkrieg verwandelle europäische
Konfslikt einer Entscheidung zugeführt wurde, die mit Waffengewalt er-
kämpft werden mußte, oder eine Verständigung Plag griff, die den
europäischen Kosmos vor völligem Zerfall bewahrte. Da England unter
Berufung auf die Verlehung der Neutralität Belgiens durch Deutschland
in den Krieg eingetreten war, blieb England und Deutschland troh des
weiterfressenden Brandes die politische Möglichkeit erhalten, im gegebenen
Augenblick — wenn Zweifel am Endsieg dieser oder jener Koalition
entstanden oder die Einsicht aufkam, daß die Fortsetzung des Krieges
schlimmer wäre als eine auf Verzichten aufgebaute Versöhnung — die
elgische Frage zur Grundlage eines Verständigungsfriedens zu nehmen
und als solche zu benützen. Doch im Januar 1916 dachte noch keine der
kriegführenden Mächte daran, sich dieses unter der Asche glühenden Funkens
zu bedienen, um die Flamme des erkalteten Friedensherdes wieder auf.
zuwecken. Kriegerischer als zuvor traten die Völker einander gegenüber und
suchten die Entscheidung mit den Waffen herbeizuführen, den Gegner
niederzuschlagen und den Frieden einzig durch den Krieg zu gewinnen.