Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3)

Die Verfolger des deutschen Geschwaders 55 
und der Kreuzer „Karlsruhe“ dagegen befanden sich noch in vollem Besitz 
ihrer Handlungsfreiheit, als Cradock von der Admiralität efehl erbielt, 
mit einem Teil seiner Streitkräfte zur Verfolgung des deutschen Kreuzer. 
geschwaders aufzubrechen. Cradock ließ vier große Kreuzer im Arlantischen 
Ozean zurück und führte die Danzerkreuzer „Good Hope“ und „Mon- 
mouth“, den leichten Kreuzer „Glasgow“ und den Hilfskreuzer „Otranto“ 
auf den Spuren des nach Süden ausgewichenen Kreuzers „Dresden“ um 
das Kap Hoorn. In den lehten Tagen des September kreuzte er schon an 
der chilenischen Küste. Die Admiralität sandte ihm noch das langsame, 
schwer bestückte Linienschiff „Canopus“ nach, dessen 30,5.cm. Rohre ihm die 
areilleristische Aberlegeuheit sicherten, falls die Japaner nicht rechtzeitig zur 
Stelle waren. So zgog sich das weitgesponnte Neg allmählich wieder enger 
um das deutsche Geschwader zusammen, dessen Nauchsäulen in den leßten 
Tagen des Oktober noch ungesehenem Ozean verschwammen. 
Am 27. Oktober dampfte das Panzerschiff „Canopus“ mit zwei Troß- 
schiffen aus der Magalhäesstraße heraus und erreichte am 1. November die 
Gegend von Valdivia. Das Geschwader Cradocks kreuzte auf der Höhe 
von Coronel. Der britische Admiral wußte „Canopus" in erreichbarer Nähe, 
von Japanern aber war nichts zu hören und nichts zu sehen. Sorglos sprühlen 
die englischen Funksprüche von Schiff zu Schiff, als gäbe es nichts geheim 
zu halten. 
Am 30. Okkober entsandte Cradock „Glasgow“ nach Coronel, um 
Nachrichten einzuziehen. Am Nachmittag fing „Good Hope“ plöglich 
deuesche Funkzeichen auf. Sie gingen von einem nördlich stebenden Kriegs- 
schiff aus. Cradock rief „Glasgow“ sofort zurück und machte sich auf die 
Suche nach dem Feind. Er glaubte auf den ihm entkommenen Kreuzer 
„Dresden“ oder auf den von den Japanern südwärts gejagten Kreuzer 
„Leipzig“ zu treffen und dachte nicht an ein schweres Gefecht. „Mon- 
mouth“ und „Glasgow"“ stießen in scharfer Fahrt gen Nordosten, „Otranto“ 
folgte, während das Admiralschiff „Good Hope sich weiter westlich hielt und 
das Mansver seitlich begleitete. Es war ein kalter Tag. Die Sonne kämpfte 
mit Regenwolken, der Wind wehte stark aus Süden, und eine schwere 
Dünung hob das graublaue Meer. Im Osten stieg der bleiche Schatten der 
Anden aus den Wogen. Dort lag auf dem 34. Breitegrad die Araucobai, 
dicht davor die Insel Santa Maria und am Nordende der Bai der kleine 
Salpeterhafen Coronel, in dem Cradock schon wiederholt Kohlen gefaßt hatte. 
Gegen 4 Uhr erblickten die Engländer im Nordosten den ersten Dauch, 
kurz darauf stieg Säule um Säule über die Wellenkämme, die in der sinkenden 
Sonne wie flüssiges Feuer glänzten. Das Führerschiff „Monmouth“ er- 
kannte rasch, daß dort kein einzelner Kreuzer stand, sondern der Qualm eines 
südwäres steuernden Geschwaders über der Kmmmung hing. Die Engländer 
waren auf Admiral v. Spees versammelte Macht gestoßen.
	        
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