Die Kämpfe im Weichselbogen 47
die Artillerie zum Schweigen. Mit ungebrochenem Mut stürzten die Russen
aus den Wäldern, griffen zum Bajonett und suchten die Deutschen beim
L#bergehen auf das rechte Afer zu überrennen. Nach wilden Gefechten kam
der deutsche Vormarsch an den Flußschranken zum Stehen. Als lehte Nach-
früchte des Sieges fielen Sochaczew und Skierniewice in deutsche Hand.
Oer strategische Gewinn war unendlich größer. Je mehr er sich jeht noch
hinter der ungeheuren Widerstandskraft der russischen Armeen verbarg, desso
eindrücklicher trat er hervor, als die Zeit reifte und neue deutsche und öster-
reichische Feldzugspläue Gestalt gewannen. Da die takkräflige russische Heeres-
leitung sich dieser Entwicklung möglichst lange zu entziehen suchte und auch in
Polen zu Gegenstößen schritt, wurde die große Wandlung, die am 17. De-
zember 1914 im Osten eingetreten war, durch die Kämpfe an den Karpathen
und in Polen eine Zeitlang verschattet.
Während die oberste deutsche Heeresleitung über neuen Hlänen sann,
erkämpfte die 9. Armce eine festgefügte Cinie, in der sie sich um die Jahres-
wende festsezte. Es galt, den Erfolg in methodischen Belagerungsangriffen
stücckweise an sich zu reißen und die Russen auf Warschau zurückzuwerfen.
Mit stark ausgestattetem linkem Flügel suchte Mackensen den Angriff über
die Bzura zu tragen und die russischen Armeen von Nowogeorgiewsk und
Warschau nach der Brücke vor Jwangorod abzudrängen. Diese langsam
fortschreitende, aber schon als Bedrohung wirksame Bewegung zwang den
Großfürsten, an der Bzura WVerslärkungen zu häufen und den Abschnitt
Sochaczew— Bolimow—Skierniewice und die nach Warschau fübrenden
Straßen aufs äußerste zu verteidigen. Da er nicht imstlande gewesen war,
Sochaczew und Slierniewice zu behaupten, klammerte er sich um so ver-
zweifelter an die Zwischenstellungen am rechten Bzura, und NRawkaufer.
Er sette sich an der Bzuramündung und in der Linie Kozlow.Biskupi—
Borzimow— Bolimow fest. Ostlich von Sochaczew legte er sich quer über
die Straße, die nach Blonie führt, und östlich von Skierniewice sperrte er
die Bahnlinie Slierniewice—Warschau. Zu diesem Zwecke hatte er General
Scheidemann vom Oberbefehl der 2. Armee enthoben und dieser in General
W. W. Smirnow einen neuen, fähigen Führer gegeben. Die Aufgabe,
Warschau um jeden Preis zu decken, lag auf den Schultern Smirnows,
während Plehwe gegenüber Woyrsch und den Osterreichern standbielt.
Smirnow focht stehenden Fußes an der Nawla, indem er vorsorglich
in seinem Rücken ein ganzes Scellungsnetß anlegen ließ, das unmittelbar
an Warschau geknüpft war und alle Dörfer und Städte in der Runde um-
spann. Oie von Süden nach Norden streichenden Bäche und Flußläufe,
deren rechtes Ufer meist etwas überhing, das nach Westen abfallende Ge-
lände, die an den Straßen aufgereihten Dorszeilen und die dichten, unge-
pflegten Wälder erleichterten den Russen das Standhalten zwischen Weichsel
und Pilica. Der Großfürst sah das neubedrohte Warschau vorläußfi gerettet.