Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

ber Arzte und Rechtsanwälte sich endlich ihre Sonderehren- 
gerichte errungen haben, in einer Zeit, in der es sogar an der 
Börse ein Ehrengericht gibt, wird es für die Offiziere ab- 
geschafft. „Ehre ist ein Wort, und Worte sind Luft; ich mag 
sie nicht!“ sagt der dicke Falstaff. Der infernalische Haß der 
Reichsverderber gegen das Werkzeug unserer bisherigen Größe 
hat eines seiner Hauptziele erreicht. Die Verordnung des 
alten Kaisers Wilhelm I. über die Ehrengerichte für das Offi- 
zierkorps hat von jetzt ab nur noch Znteresse für die Geschichts- 
forscher, sagt der Abbruchsminister des preußischen Heeres, 
Oberst Reinhardt. Er sagt es so treuherzig, daß man unmög- 
lich glauben kann, es sei aus unendlicher Verbitterung und 
vaterländischer Scham geboren. Die gibt es überhaupt nicht 
mehr. Bis zum Kriege, in dessen Verlauf man fast wahllos 
auch moralisch ganz ungeeignete Leute zu Offizieren ernannte, 
weil das Offizierkorps auf „breite demokratische Grundlage“ 
gestellt werden sollte, war der Ehrenschild der Armee so blen- 
dend blank, daß die Reichsverderber davon Augenschmerzen 
bekamen. Aun ist das zu Ende. Hier und da hat schon das 
Volkegericht des Masters Lonch eingesetzt. Es tagte unter 
anderem auf der Saalebrücke und stieß den Oberstleutnant 
v. Klüber in den Fluß, hackte dann auf seine Händg, die das 
rettende Ufer erfaßten, und schoß ihn nieder. Das bald nur 
noch sogenannte Offizierkorps wird ja nun auf viertausend 
Köpfe verringert. Das sind keine Offiziere mehr, sondern 
Polizeibeamte der jetzigen Regierung. Gegen solche hatte 
das „Volk" früher den sogenannten Blaukoller. Oer stirbt 
nicht aus. Dessen Objekt zu sein, wird wahrscheinlich ein 
herrlicher Beruf. 
Einen Paragraphen in dem Rechtskapitel nimmt die Aa- 
tionalversammlung ohne jede Debatte an. Er besagt, daß 
kein Deutscher seinem gesetzlichen Richter entzogen werden 
dürfe. Ee ist kein Wunder, daß man um die Erörterung dieses 
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