lungsfähig zu machen, unter Hintansetzung aller Bedenken
das Notgesetz annehmen. Schon Payer von den Oeutschen
Oemokraten kann sich einer kleinen Programmrede nicht ent-
halten. Das Zentrum spaltet sich öffentlich. Der Bajuvare
Dr. Heim, der stets ein rücksichtsloser Laktiker war und nie
nach Ornaten schielte, will samt seinen Landeleuten die ganze
Sache nicht mitmachen, weil die neue Reichsgewalt das Recht
haben soll, über Landesgrenzen zu bestimmen. Auch die
vorgesehene Volksabstimmung würde dann die Pfalz den
Bapern nicht mehr retten, würde außerdem vielleicht ganz
Franken abtrennen wollen. Soweit verläuft alles in epischer
Ruhe und, wenn man das Wort nicht scheut, Größe.
Dann aber wird es auf einmal nicht nur dramatisch, sondern
sogar östlich-allzuöstlich durch das gemeinsame Auftreten der
quecksilberig behenden Rechtsanwälte Haase und Cohn, die
von der Sopjetgrenze aus Ostpreußen und Ocberschlesien
gebürtig sind. Die Unabhängigen wollen kein Reichs-
haupt, sondern einen Fünf-Männer-Ausschuß, keine parla-
mentarische, sondern eine Soldatenratsregierung, sie wollen
überhaupt die Revolution als Dauerzustand. Auch
macht das Pentagramma ihnen Pein: ein Deutsches Reich
soll es selbst auf dem Papier des Notgesetzes nicht mehr geben.
UÜberall wünfchen sie statt dessen das Wort „Republik". Aicht
einmal der „Freistaat“ im Text genügt ihnen, der ist offenbar
noch zu deutsch. Cohn droht. Die Revolution sei doch nicht
deshalb abgeschlossen, weil eine Parlamentswahl stattge-
funden habe! Nein, nur die erste Phase der Revolution sei
vorüber. Es hagelt Zwischenrufe. Cohn fängt sie mit den Hän-
den in der Luft auf. Haase sekundiert mit den Händen und
allen übrigen Extremitäten. Die beiden verlangen auch so-
fortige diplomatische Waffenstreckung Deutschlands durch
Offnung aller Geheimschränke, müssen sich da aber unter stür-
mischer Zustimmung der Versammlung von einem ihnen gar
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