Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

g 32. Der Staatsrath. 93 
II. Nach § 4 der V. vom 20|3. 1817 besteht der Staatsrath aus 1. den Prinzen des 
königlichen Hauses, welche das 18. Lebensjahr erreicht haben; 2. Staatsdienern, die vermöge 
ihres Amtes Mitglieder des Staatsraths sind, — nämlich dem Staatskanzler als Präsidenten 
des Staatsraths, an dessen Stelle durch Kab. O. v. 12/1. 1852 (M.Bl. d. i. V. S. 21) der 
Präsident des Staatsministeriums getreten ist, die Feldmarschälle, die die Verwaltung leitenden 
wirklichen Staatsminister, der Staatssekretär, der die Protokolle und Gutachten abzufassen 
und das Formelle des Geschäftsgangs zu besorgen hat (§§ 4 und 26 V. v. 20/3. 1817), der 
Chef des Obertribunals (fällt jetzt weg, da das Obertribunal durch § 12 Z.G. v. 25/4. 1878, 
G. S. S. 232 aufgehoben ist), der erste Präsident der Oberrechnungskammer, der Geheime 
Kabinetsrath, der den Vortrag beim Könige habende Offizier, endlich wenn sie in Berlin an- 
wesend sind (Deklaration vom 5/4. 1817 G.S. S. 122) die kommandirenden Generale und 
die Oberpräsidenten der Provinzen; 3. aus Staatsdienern, denen besonderes Vertrauen des 
Königs Sitz und Stimme im Staatsrathe beilegt. 
Sämmtliche Mitglieder des Staatsraths bilden dessen Plenum, welches keine Sitzungen 
halten kann, wenn nicht außer den Prinzen des königlichen Hauses wenigstens 15 Mitglieder 
zugegen sind (§§ 5 u. 7 V. v. 20/3. 1817). 
Den Vorsitz führt, sofern ihn der König nicht selbst übernimmt, ein vom König ernannter 
Präsident und in dessen Verhinderung ein Vicepräsident 7. 
Im Plenum dürfen nur völlig zur Entscheidung vorbereitete Sachen vorkommen. Zur 
Vorbereitung dienen die sieben, nach der Kab.O. v. 8/11. 1825 (G.S. S. 221) sechs Abtheil- 
ungen für die auswärtigen Angelegenheiten, für Militärangelegenheiten, für die Justizan- 
gelegenheiten, für Finanz-, Handels= und Gewerbeangelegenheiten, für die inneren Ange- 
legenheiten und für den Kultus und die Erziehung, deren Zusammensetzung der König 
für jedes Jahr bestimmt und in denen das dem Range nach erste Mitglied den Vorsitz 
führt. Bevor die Sache an das Plenum gelangt, ist der von der Abtheilung vorbereitete 
Gesetzentwurf vom Staatssekretär und von einem durch den Präsidenten ernannten Mitgliede 
der Justizabtheilung in Bezug auf seine Fassung zu prüfen und ein etwaiges Bedenken in Ge- 
meinschaft mit der Abtheilung zu erledigen. 
III. Zum Wirkungskreise des Staatsraths gehört nach § 2 V. v. 20/3. 1817, bezw. 
§ 5 V. v. 6/1. 1848 (G. S. S. 15) die Berathung über 1. alle Entwürfe zu Gesetzen und 
Verordnungen, über welche der König den Staatsrath mit seinem Gutachten vernehmen will; 
2. Streitigkeiten über den Wirkungskreis der Ministerien; 3. alle Gegenstände, welche durch 
schon bestehende gesetzliche Bestimmungen vor den Staatsrath gehören (derartige Vorschriften 
bestehen jetzt nicht mehr 2); 4. alle Sachen welche der König in einzelnen Fällen an den Staats- 
rath verweisen sollte 3. 
Bis zum Jahre 1848 mußten alle zur Berathung des Staatsraths gelangenden Ange- 
legenheiten nach Vorbereitung durch die Abtheilung vom Plenum des Staatsraths erledigt 
werden, nach §§ 1, 2 V. v. 6/1. 1848 soll dagegen die Begutachtung durch das Plenum nur 
ausnahmsweise aus besonderen Gründen eintreten. Für die Regel wird eine engere Versamm- 
lung gebildet, welche unter dem Vorsitze des Präsidenten des Staatsraths besteht aus: 1 sämmt- 
lichen Mitgliedern des Staatsministeriums; 2. dem Staatssekretär; 3. sämmtlichen Mitgliedern 
derjenigen Abtheilung, welche nach der Geschäftsordnung für den Staatsrath den Plenarvor- 
trag über die zu begutachtende Sache als Hauptabtheilung vorzubereiten haben würde; 4. min- 
destens zwei Mitgliedern derjenigen Abtheilungen, welche nach der Geschäftsordnung an der 
  
1) Im Jahre 1883 war dem damaligen Kronprinzen der Vorsitz im Staatsrath und dem Prä- 
sidenten des Staatsministeriums die Stellvertretung übertragen worden. 
2) Dazu gehörte z. B. die Entsetzung eines Staatsbeamten nach § 101 Tit. X Th. II A.L.R. 
3) Das war z. B. der Fall bei Beschwerden von Unterthanen über Entscheidungen der Ministerien.
	        
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