8 33. Das Ministerium. 95
Gleiche erfolgte durch Uebertragung einzelner Verwaltungszweige auf das Reich. In Folge
dessen bestehen gegenwärtig neun Ministerien mit nachstehendem Wirkungskreise:
1. Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten. Dasselbe befindet
sich seit 1/1. 1870 in der Weise in Personalunion mit dem auswärtigen Amte des deutschen
Reiches, daß letzteres als „Königl. preußisches Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten“
diejenigen Verwaltungsgeschäfte besorgt, die aus den Beziehungen Preußens zu den übrigen
deutschen Staaten hervorgehen, ohne vermöge der Reichsverfassung einem der Organe des
Reiches obzuliegen oder welche sich aus den Beziehungen Preußens zur Kurie ergeben. Hiefür
zahlt Preußen an das Reich ein jährliches Aversum von 90000 Mark. Dem „Königlich
preußischen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten sind untergeordnet die Gesandt-
schaften Preußens bei den übrigen deutschen Staaten und beim Paypste.
2. Das Ministerium des Innern. Der Wirkungskreis dieses Ministeriums um-
faßte nach der V. v. 27/10. 1810 alle Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich den Ministerien
der Finanzen, der Justiz, des Krieges oder anderen Behörden überwiesen waren. Da später
von diesem Ministerium die unter 3—6 aufgeführten Ministerien abgezweigt wurden, so hat
sich die Zuständigkeit des Ministeriums des Innern entsprechend vermindert. Demnach gehört
in seinen Wirkungskreis die gesammte innere Landesverwaltung, sovweit nicht einzelne
Zweige in die Zuständigkeit anderer Ministerien oder Behörden fallen. Von den Angelegen-
heiten, für welche das Ministerium des Innern zuständig ist, sind hervorzuheben die Landes-
hoheitssachen, die Verfassungssachen und die Angelegenheiten des Landtags, die Angelegen-
heiten der Provinzen, Kreise und Gemeinden, die Polizeisachen, insbesondere die Sicherheits-
polizei, das Preß-, Vereins= und Versammlungswesen, das Armenwesen, die Militärangelegen-
heiten, bei denen, wie bei dem Ersatzgeschäfte, die Mitwirkung von Civilbehörden besteht u. s. w.
Seine Organe sind die Provinzial-, Bezirks-, Kreis= und Lokalbehörden der allgemeinen
Landesverwaltung, die übrigens auch Organe anderer Ministerien, insbesondere der unter 4—7
aufgeführten sind; unmittelbar und ausschließlich untergeben sind ihm 1. das Polizeipräsidium
und der Bezirksausschuß zu Berlin; 2. die statistische Centralkommission (M. E. v. 21/2. 1870,
M. Bl. d. inn. V. S. 89); 3. das statistische Bureau; 4. das Domkapitel zu Brandenburg;
5. die ritterschaftlichen Kreditvereine.
3. Das Ministerium der geistlichen, Unterrichts= und Medizinalange-
legenheiten, das durch die Kab.O. v. 3/11. 1817 (G. S. S. 290) vom Ministerium des
Innern abgezweigt wurde. Das Ministerium zerfiel bis zum Jahre 1871 in vier Abtheilungen
a) für die evangelisch-geistlichen Angelegenheiten; b) für die katholisch-geistlichen Angelegen-
heiten; c) für Unterrichtsangelegenheiten; d) für Medizinalangelegenheiten. Die Kab.O. v. 8/7.
1871 (G. S. S. 293) hat die beiden ersten Abtheilungen zu einer einzigen Abtheilung für
geistliche Angelegenheiten verschmolzen; der allerh. Erlaß v. 9/1. 1882 hat jedoch die Unter-
richtsabtheilung in zwei Abtheilungen für höheres und niederes Schulwesen zerlegt.
Der Wirkungskreis des Ministeriums umfaßt vor Allem die Wahrnehmung der staat-
lichen Hoheitsrechte gegenüber den Religionsgesellschaften, also insbesondere gegenüber der
evangelischen und katholischen Kirche. Daneben ist das Kultusministerium für einen Theil der
neuen Provinzen, in denen für die oberste Verwaltung der inneren Angelegenheiten der evan-
gelischen Kirche noch keine besondere Organe bestellt sind, die oberste Kirchenbehörde.
Der Wirkungskreis des Ministeriums erstreckt sich ferner auf die gesammte Unterrichts-
verwaltung und zwar auf Grund des A.E. v. 14/10. 1878 (G. S. 1879 S. 26) einschließlich
des ganzen technischen Unterrichtswesens, soweit es bis dahin mit der Handels= und Gewerbe-
verwaltung verbunden war, jedoch mit Ausnahme des Navigationsschulwesens. Die gewerb-
lichen und kunstgewerblichen Fach= und Zeichenschulen, die Pflege des Kunstgewerbes einschließ-
lich der Porzellanmanufaktur und das Fortbildungswesen wurden jedoch durch A.E. v. 3/9.
1884 (G.S. 1885 S. 94) dem Ministerium für Handel und Gewerbe unterstellt.