106 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. 8 35.
Das Landesverwaltungsgesetz war ebenso wie das Organisationsgesetz von Anfang an
in seiner Wirksamkeit für die ganze Monarchie bestimmt, es trat jedoch mit dem Z. G. v. 1/8.
1883 zunächst nur in den Provinzen Ost= und Westpreußen, Pommern, Brandenburg, Sachsen,
und Schlesien und in den Hohenzollern'schen Landen in Kraft, indem § 155 L.V.G. bestimmte,
daß in den Provinzen Posen, Schleswig-Holstein, Hannover, Hessen-Nassau, Westfalen und
der Rheinprovinz das L.V.G. und das Z.G. v. 1/8. 1883 erst dann in Kraft treten, wenn in
diesen Provinzen auf Grund besonderer Gesetze neue Kreis= und Provinzialordnungen erlassen
sind. Da diese Voraussetzung inzwischen erfüllt ist, ist die Organisation der Landesverwaltung
nach Maßgabe des Landesverwaltungsgesetzes in der ganzen Monarchie dieselbe 1). In der
Provinz Posen ist allerdings der Vorbehalt des § 155 L.V.G. nicht oder doch nur theilweise
erfüllt worden, da in dieser Provinz die alte Provinzial= und Kreisverfassung in der Haupt-
sache bestehen blieb. Trotzdem wurde durch G. v. 19/5. 1889 über die allgemeine Landesver-
waltung und die Zuständigkeit der Verwaltungs= und Verwaltungsgerichtsbehörden in der
Provinz Posen, (G.S. S. 108) das L.V.G. v. 30/7. 1883 und das Z.G. v. 1/8.1883 wenn
auch mit verschiedenen Modifikationen auch in dieser Provinz eingeführt?).
II. Die Provinzialverwaltung. Durch die V. v. 30/4. 1815 wegen verbesserter
Einrichtung der Provinzialbehörden wurde der preußische Staat in zehn Provinzen eingetheilt:
1. Preußen, 2. Westpreußen, 3. Brandenburg, 4. Pommern, 5. Schlesien, 6. Posen, 7. Sachsen,
8. Westfalen, 9. Cleve-Berg, 10. Großherzogthum Niederrhein. Später in den 20er Jahren
wurde Westpreußen mit Preußen zur Provinz Preußen vereinigt und ebenso wurde aus den
sub 9 und 10 aufgeführten Provinzen die Rheinprovinz gebildet, so daß der Staat Preußen
bis zum Jahre 1866 acht Provinzen umfaßte. Aus den Erwerbungen des Jahres 1866 wurden
drei neue Provinzen gebildet: nämlich: 1. Schleswig-Holstein, 2. Hannover, 3. Hessen-Nassau.
Die Provinz Schleswig-Holstein besteht zufolge der V. v. 22/9. 1867 § 1 aus dem Ge-
biete der Herzogthümer Schleswig und Holstein mit Ausnahme der burch Staatsvertrag v. 27/9.
1866 an den Großherzog von Oldenburg abgetretenen holsteinischen Gebietstheile. Außerdem
wurde durch § 5 G. v. 23/6 1876, betr. die Vereinigung des Herzogthums Lauenburg mit
mit der preußischen Monarchic, bestimmt, daß dieses Herzogthum in Bezug auf die staatliche
Verwaltung der Provinz Schleswig-Holstein zugetheilt wird, während es hinsichtlich der kom-
munalen Angelegenheiten einen eigenen Kommunalverband bildet.
Die Provinz Hannover besteht gemäß dem G. v. 20/9. 1866 bezw. der V. v. 12/9.
1867 aus dem vormaligen Königreiche Hannover und dem zufolge § 1 G. v. 23/3. 1873, betr.
den Rechtszustand des Jadegebietes mit der Provinz vereinigten Jadegebiete.
Was die Provinz Hessen-Nassau anlangt, so wurde durch die V. v. 22/2. 1867 an-
geordnet, daß a) aus dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen, den früher bayerischen Gebiets-
theilen: Bezirksamt Orb und Landgerichtsbezirk Orb ohne Aura und dem früher großherzog-
lich hessischen Kreise Vöhl einschließlich der Enklaven Eimelrod und Höringhausen der „Reg.=
Bez. Kassel“; b) aus dem ehemaligen Herzogthum Nassau, der ehemals freien Stadt Frank-
furt und den übrigen im Jahre 1866 an Preußen abgetretenen früher großherzoglich hessischen
Gebietstheilen der „Reg.-Bez. Wiesbaden“" zu bilden sei. Durch A.E. v. 7/12. 1868 wurden
sodann die beiden Regierungsbezirke zu einem Oberpräsidialbezirke unter dem Namen „Provinz
Hessen-Nassau“ vereinigt.
Durch das G. v. 10/3. 1877 wurde die Provinz Preußen wiederum in zwei Provinzen,
„Ostpreußen“ und „Westpreußen“, zerlegt, erstere die Regierungsbezirke Königsberg und Gum-
binnen, letztere die Regierungsbezirke Danzig und Marienwerder umfassend.
1) Durch das G. v. 18/2. 1891 sind auch in Helgoland das L.V.G. und das Z. G. v. 1/8.
1883 vom 1. April 1891 an in Kraft getreten.
2) Vgl. den Art. Posen in Stengels Wörterbuch des Verw.-Rechts, II, S. 286 ff.